Hier oben in Mönchengladbach, genauer gesagt in Windberg auf der Venner Straße, Ecke Lindenstraße da steht die alte Ulme.
Der Baum ist vom Aussterben bedroht durch den Ulmensplintkäfer. Die alte Ulme, die ich meine, jedoch nicht.
Die brummt.
Hand aufs Herz: Hier in Windberg bin ich noch nie gewesen.
Das Lokal wurde mir schon mehrmals empfohlen und ich konnte nicht umhin, ich musste meine Neugier befriedigen und dachte mir: „Da schau ich doch mal rein.“
„Na ja, von außen wirkt es eher unscheinbar und strahlt biedere deutsche Gemütlichkeit aus“, sage ich zu meinem Freund,
der mich heute Abend begleitet und auch Lust auf ein Glas Bier hat.
Wir betreten so gegen 18 Uhr den Gastraum, und ich denke, ich gucke nicht richtig. Das ist doch Willi! „Mensch, lange nicht mehr gesehen, zuletzt mal im ‚Krümel‘.
Seit wann bist du denn hier?“ frage ich ihn. „Seit zwanzig Jahren!“ Mir verschlägt es die Sprache. Ich bestelle erst mal zwei Bier, genauer gesagt Frankenheim Alt, und plaudere noch eine Weile mit ihm. Dabei erfahre ich, dass er früher auch ‚Die Laube‘ auf der Viersener Straße bewirtschaftet hat.
Ich schaue mich um und finde es auf Anhieb gemütlich.
Man sieht die Handschrift einer Frau: einfühlsam dekoriert und die langen Holzbänke mit Kissen belegt – nein, mit Kissen geschmückt. Viele Kerzen verleihen dem Raum die nötige Atmosphäre und eine Lichtschlange gibt irgendwie etwas Festliches.
Das Lokal unterteilt sich in einen Raucher- und Nichtraucherbereich. Der Speisesaal, wie ich ihn mal bezeichne,
hat Platz für 40 Gäste und ist für die Nichtraucher gedacht. Er ist vom übrigen Lokal durch eine Glasscheibe und eine große Glastür abgetrennt – so bleibt die Transparenz erhalten und man sieht, wer denn schon alles da ist.
Um die Theke herum gruppieren sich ein paar Hochtische und in einer besonders gemütlichen Ecke steht noch ein großer Holztisch, der natürlich schon reserviert ist. Übrigens, am heutigen Abend ist auch der Speisesaal schon ausgebucht. Willi empfiehlt uns einen Hochtisch gegenüber der Theke. Die sind nicht zu reservieren und stehen den allgemeinen Besuchern als Reserve zur Verfügung. Na fein, dann kann es ja losgehen. Zügig bekommen wir die Speisenkarte und nochmal zwei Bier. Das Alt schmeckt heute wieder köstlich.
Zunächst erhalten wir ein Körbchen mit warmem Zwiebelbrot und ein paar Pizzabrötchen, dazu etwas Kräuterbutter. Aus den Lautsprechern ertönt leise Musik, die nicht dem Mainstream zuzuordnen ist. Irgendwie hat die Ulme eine frankophile Ausstrahlung. Ich mache es mir auf den bequemen Lederstühlen gemütlich und fühle mich recht schnell wohl. Die freundliche Bedienung versorgt uns sehr aufmerksam und erklärt uns kurz die Karte. „Auf den beigefarbenen Seiten findet Ihr die Standards und auf den weißen die Tagesangebote.“
Ich kann Ihnen versprechen, dass Sie für das Lesen der Speisenkarte garantiert keine Lesebrille benötigen werden. Mit schöner Handschrift geschrieben ist für jedes Tagesgericht eine Seite reserviert.
Die Küche ist hier übrigens von 17 – 23 Uhr geöffnet.
Als Vorspeise bestellen wir uns die Gambas mit frischen Kräutern und Knoblauch sowie die Schnecken provençale.
‚A la provençale‘ bedeutet in der französischen Küche die Hinzugabe von Tomatensauce und frischen Kräutern der Provence, die im Regelfall aus Thymian, Rosmarin, Oregano, Majoran, Bohnenkraut und natürlich dem provençalischen Lavendel bestehen.
Nun, die Vorspeisen werden recht zügig serviert und sehen auf den ersten Blick ganz prima aus.
Voilà, da ist Frankreich doch ganz nah. Beides schmeckt uns gut. Wir tunken das scharfe Kräuteröl der Gambas mit etwas Brot auf – genau wie die Reste der Tomatensauce von den Schnecken. Das Bier zischt jetzt richtig.
„Ihr sagt uns Bescheid, wenn´s weitergehen darf“, sagt der Wirt, während er den Tisch flink abräumt.
Wir erwarten noch das Tandoori Chicken und das Wiener Schnitzel mit warmem Kartoffel-Gurkensalat.
Während wir auf unsere Hauptspeisen warten, stelle ich fest, dass das Lokal fast vollständig belegt ist.
Ehrlich gesagt, die Speisenkarte ist ausreichend bemessen, das Essen ist kein Geheimnis, aber lecker und preiswert.
Die Weinauswahl wurde auf ein paar gute offene bezahlbare Weine reduziert, als Nachspeise gibt es ein Vanilleeis mit heißen Kirschen ohne Alternative, und das war es schon. Aber die Stimmung ist gut, die Wirtsleute sind freundlich kommunikativ und leben von ihren vielen Stammgästen, die sich ja nicht täuschen können.
Man sieht es auch an meinem Wiener Schnitzel, es ist goldbraun in Butter gebraten, zart und schön dünn, wie ich es aus Österreich kenne. Nicht ganz so groß, dafür eben zwei kleinere Schnitzel.
Der lauwarme Kartoffelsalat mit den Gurken wird mit Speck aromatisiert und ist dadurch etwas kräftig im Geschmack.
Auch das Tandoori Chicken sieht appetitlich aus. Eine im Ofen gegarte Hühnerbrust mit den typisch indischen Gewürzen. Dazu ein Bett aus Kichererbsen und Frühlingszwiebeln, das schön mit Lemon abgeschmeckt wurde.
Insgesamt sind wir zufrieden und stellen unisono fest, Kneipen-Atmosphäre gepaart mit Restaurant-Charakter und ordentlicher Küche zieht die Leute an.
Prost, auf ein Wiedersehen in der alten Ulme.
Ihr LeckerSchmecker Jean Jacques
Alte Ulme
Venner Straße 2 // MG-Windberg
Fon 02161.897248
geöffnet Montag – Samstag ab 17.00 Uhr