Hurra, die grauen Novembertage sind vorbei und der Startschuss in den Advent ist gefallen. Auch wenn die Schokoladen-Nikoläuse bereits seit September in den Supermärkten Parade stehen, lassen doch die meisten erst den Totensonntag verstreichen und beginnen anschließend mit ihren privaten Schmückvergnügen.
 
Im Dezember angekommen, sind wir in einer Zeit, die insbesondere durch Traditionen, Riten und Bräuche geprägt ist. Die meisten von uns möchten diese nicht missen, sprechen sie doch unsere Sinne an und wecken Erinnerungen an Kindertage. Ich denke da an einen außergewöhnlichen Weihnachtsbaum. Den sollten mein Vater und ich kurz vor Heiligabend auf dem Marktplatz besorgen. Aufgrund von ‚Versorgungsengpässen‘ war der Marktplatz so gut wie leer gefegt. Not macht bekanntlich erfinderisch und Angst vor einer enttäuschten Ehefrau auch, so entschied mein Vater, die restlichen zwei gut verschnürten Pakete ebenfalls aufzukaufen. Zuhause angekommen, bewaffnete er sich mit Fuchsschwanz und Bohrmaschine und bastelte aus drei rieselnden Krücken einen Weihnachtsbaum. Der war so schön, dass meine Mutter den Schmu erst bemerkte, als ihr auffiel, dass an dem Baum außer Tannen- auch noch Kiefernzweige wuchsen.

Ein ähnliches Erlebnis hatte ich kürzlich mit meinem Sohn. Es hieß, in unserer Stadt sei ein außergewöhnliches Nähatelier eröffnet worden, das ‚Krea-
tives Nähen für jedermann‘ anbietet.

Der Blick auf die Internetseite machte neugierig und wenig später standen wir vor der Tür eines herrschaftlichen Hauses aus der Gründerzeit. Es war nicht gleich klar, was uns mehr beeindruckte, das großzügige helle Ambiente mit Stuck an den Decken, die wunderschön gemusterten Bodenfliesen, die alten Türen und vielen liebevollen Accessoires, der moderne Nähmaschinenpark oder die Energie versprühende, mutige Geschäftsfrau.
Während ich all meine Fragen stellte, Stoffe durch die Finger gleiten ließ und kleine und große Handarbeiten bewunderte, sah ich aus einem Augenwinkel meinen Sohn mit einer Schneiderin an seiner Seite vor einer ratternden Nähmaschine sitzen. Sein Fuß erreichte gerade das Pedal und mir blieb der Atem stehen, als ich sah, wie dicht die Nadel mit dem Faden neben seinen kleinen Fingern in den Stoff stach. Voller Stolz zeigte er uns zwei aus rotem und grünem Filz gefertigte Tannenbäume, die in diesem Jahr einen Ehrenplatz an unserem Weihnachtsbaum bekommen werden. So kam er ganz unerwartet zu einem Nähkurs und der zweite ist auch schon gebucht, denn er braucht dringend eine coole Handytasche.

Es war dieses gute Gefühl, etwas selbst geschaffen zu haben, was uns auf dem Nach-Hause-Weg begleitete. Diese besonderen Momente warten in der Adventszeit an vielen Orten. Sie wollen nur entdeckt werden. Sei es, den Adventskranz selbst herzustellen, einen Adventskalender zu basteln, Plätzchen oder einen Weihnachtsstollen zu backen und damit liebe Menschen zu überraschen.
PS: Richtig Freude macht es, diese Weihnachtsvorbereitungen in geselliger Runde zu erleben und das ein oder andere Neue zu entdecken, wie zum Beispiel das erwähnte Atelier.
Viel Freude im Advent.
Seien Sie mutig und kreativ!
Ihre Katrin Hoppen
kh@urbano-magazin.de