Der weiße Sekretär im Landhausstil wirkt beim näheren Hinsehen etwas abgegriffen, das großflächige Blütenmuster der Couch ist eigentlich out, die selbst gebastelten Deko-Accessoires sind bunt zusammengewürfelt. Und trotzdem: Der Raum strahlt behagliche Wärme aus, man möchte sich in die großen, hellen Muster kuscheln und sich wohlfühlen. Was bei genauer Betrachtung eigentlich ein Mix aus Erb-
stücken, Flohmarkt-Errungenschaften und eigenen Kreativleistungen ist, übt eine wohnliche Faszination aus, die seit einiger Zeit unter dem Namen ‚Shabby Chic‘ zum hochmodernen Einrichtungsstil geworden ist.
Hinter der inzwischen sogar markenrechtlich geschützten Stilbezeichnung steckt eine ganz einfache Idee: Die
Ästhetik der Jeans sollte auf die Inneneinrichtung übertragen werden. Diese sollte ebenso bequem, unvollkommen schön, praktisch und absolut alltagstauglich sein. Die abgegriffene, verwaschene Sofagarnitur vermittelt Vertrautheit, Großmutters Blumenporzellan und verblasste Samtkissen lassen wohlige Erinnerungen auferstehen. Das Mobiliar vermittelt den Eindruck eines abgekuschelten Teddybären – auch er erhält seinen Charme erst durch seine Gebrauchsspuren.
Manche Firma stellt inzwischen Stilmobiliar her, bei denen die ‚Abnutzung‘ künstlich erzeugt wird. Dabei ist es eigentlich überhaupt nicht nötig, sich Neues anzuschaffen! Auf Flohmärkten, bei Garagenverkäufen und selbst in eigenen Kellern und auf Speichern finden sich unzählige Schätze, die nicht nur perfekt in diesen Einrichtungsstil passen, sondern auch das Budget schonen.
Erlaubt ist, was gefällt
Doch wie sieht Shabby Chic eigentlich wirklich aus? Ist es erlaubt, die unterschiedlichsten Stile, Farben und Materialien zu mixen? Teils ja, teils nein … Die Farbenwelt umfasst hauptsächlich matte und zarte Töne wie Pastellrosa, sanftes Türkis, Altweiß, Flieder, helle Grautöne oder Beige. Grelle Nuancen sucht man vergebens.
Auch bei den Materialien steht die Natürlichkeit hoch im Kurs. Holz, Leinen, Samt und Leder vermitteln wohnliche Gemütlichkeit und weisen Gebrauchsspuren auf. Spitzenaccessoires, Gehäkeltes oder Papierelemente – gerne alles handgefertigt – setzen individuelle, wohnliche Akzente.
Freier sind Sie in der Auswahl des Musters. Hier gilt: Hat es eine Geschichte, ist es erlaubt. Passt es farblich zum Rest, darf auch wild gemixt werden. Auf keinen Fall fehlen dürfen Blüten- und Ranken-Dekors, Ornamente oder Paisleys – also Nostalgie pur.
Aus Alt wird Neu
Machen Sie doch aus Ihrer neuen Einrichtung ein echtes Familien-Projekt. Durchstöbern Sie gemeinsam ‚Altbestände‘ und machen sich zusammen an die Umgestaltung der Fundstücke. Vor allem für Kinder- und Jugendzimmer kreieren Sie so individuelle Schätze, die unempfindlich und langlebig sind. Mit nur ein paar Handgriffen sind Schränke und Tische aufgearbeitet – einfach abschleifen, Lieblingsfarbe aussuchen und neu lackieren. Kissen und Sofas benötigen oftmals nur eine gründliche Reinigung, um die verborgene Pracht wieder hervorzuzaubern. Und mit alten Stoffen aus Omas Näh-Fundus verwandeln Sie mit neuen Bezügen oder Bespannungen modernes Mobiliar wie Stühle oder Bänke in Shabby Chic-Objekte.
Man kann nichts falsch machen, außer zu perfekt zu arbeiten. So kann auch der Nachwuchs tatkräftig mithelfen und später stolz eigene ‚Designerstücke‘ präsentieren, die sich selbst im Wohnzimmer gut machen.
Viel Spaß
beim Gestalten!
Laura Schröer