„An der Nordsee-Küste, am plattdeutschen Strand, sind die Fische im Wasser.“ Seit Tagen schwirrt mir dieser Ohrwurm durch den Kopf und lässt den Appetit stetig wachsen. Um ehrlich zu sein, esse ich viel zu selten Fisch. Dabei sollte man sich diesen schmackhaften, leichten Genuss öfter gönnen – vor allem, wenn man Wert auf eine gesunde Ernährung legt. Durch Sortenvielfalt und dezente Aromen sind auch der Kreativität in der Zubereitung kaum Grenzen gesetzt. Wie innovativ die maritime Küche interpretiert werden kann, davon möchte ich mich heute überzeugen.
Zentral in Gladbachs Nachbarstadt Willich gelegen, befindet sich das Lepsy’s – Gerüchten zufolge ein Fischrestaurant erster
Güte. Wir entscheiden uns, im Innenraum Platz zu nehmen, statt auf einen Tisch im Biergarten zu warten – eine der besten Ideen des Abends. Erstens entpuppt sich Chef Hans-Peter Lepsy als echtes Unikat, das weiß, wie es seine Gäste umsorgt, zweitens ist schon der frisch-renovierte Gastraum ein kleines Erlebnis für sich. Unaufgeregt und dezent, trotzdem mit Highlights gespickt. So wurden die Tische beispielsweise von einer niederländischen Künstlerin bemalt – jede Platte ist ein exklusives Kunstwerk.
Die weiteren guten Ideen folgen in kulinarischer Form. Als Vorspeise erspähen wir Hummercremesuppe mit Flusskrebsen und gratinierte Jakobsmuscheln. Delikatessen, die man sich nur selten gönnt und hier echtes Suchtpotenzial bergen. Beide sind optimal zubereitet – die Suppe leicht und trotzdem cremig, die Muscheln innen noch leicht glasig – und wunderbar abgeschmeckt. Bei der Bestellung hat man wohl gemerkt, dass wir jeweils beide Starter probieren möchten. Um uns den Tellertausch zu ersparen, kommen wir in den Genuss eines kleinen 3-Gang-Menüs, da die Vorspeisen einfach aufgeteilt und in zeitlichem Abstand serviert werden. Muss ich die Qualität des Service weiter betonen?
Ich glaube kaum, dafür verdient die Weinkarte eine besondere Erwähnung. Passend zum Fisch besteht sie hauptsächlich
aus deutschen Weißweinen – allesamt von Familie Lepsy persönlich ausgewählt. Jedes Jahr besucht sie auf einer Winzerreise kleine und große Produzenten in den besten Weinbaugebieten, um die edlen Tropfen zu probieren. So findet man auch exotische Besonderheiten zwischen Riesling, Chardonnay & Co. – oder haben Sie schon einmal etwas von ‚Veteres Vites‘ gehört? Wir nicht, aber schon nach dem ersten Schluck bereuen wir, diese Erfahrung nicht schon eher gemacht zu haben. Der Chef erzählt uns sogar noch eine kleine Geschichte zur Entstehung dieses Weines, was er übrigens zu jedem Rebsaft der Karte kann.
Echte Leidenschaft und Kompetenz beweist auch Martina Lepsy in der Küche. Nahezu alle Gerichte sind Eigenkreationen der Köchin und richten sich nach dem Angebot, das der Markt saisonal bietet. Lachs, Steinbeißer und Garnelen sind fester Bestandteil der eher kleinen Karte, darüber hinaus gibt es jeweils den Fisch des Monats und Speisen, die spontan dem tagesaktuellen ‚Fang‘ angepasst werden.
Unsere Wahl fiel, wie es sich für den Juni gehört, auf frische (!) holländische Matjes und Saltimbocca vom Steinbeißer. Ich übertreibe nicht, wenn ich hier von echten Geschmacksexplosionen spreche. Beides aufregende Kompositionen – irgendwie vertraut und doch völlig neu. Großes Lob nicht nur an die Qualität der Meeres-Hauptprotagonisten, auch die Beilagen sind schön aufeinander abgestimmt. Aus regionalen, erlesenen Zutaten wurden exquisite Speisen gezaubert. In jedem Detail zahlt sich die jahrzehntelange Erfahrung im Fisch- und Delikatessenhandel aus, die das Gastronomen-Ehepaar sammelte, bevor der Startschuss für das Restaurant fiel.
Hatte ich gehofft, meinen Ohrwurm an diesem Abend endlich loszuwerden, weit gefehlt. Vielmehr heißt es jetzt: „An der
Willicher Bahnstraß‘, im Lepsy’s Fischrestaurant, sind die Fische aus’m Wasser, in bester Hand …“
Ihr LeckerSchmecker
Jean Jacques