Wie man’s macht, macht man’s verkehrt. Dies dürfte dem Wettergott in diesem Jahr aus der Seele sprechen. Erst zu kalt, dann zu nass und als das Thermometer endlich auf sommerliche Temperaturen kletterte, war es auch nicht gut. Mir sind diese Kapriolen eigentlich egal, solange es hin und wieder diese Traum-Tage gibt, an denen man nur mit der Sonne um die Wette strahlen kann.
Sie wissen schon: blauer Himmel, leichter Wind und angenehme Wärme, die die Lust auf ein kühles Bierchen im Biergarten weckt. Genau so einen Abend durfte ich letztens mit einem Bekannten teilen. Das Reithobby meiner Ältesten führt mich regelmäßig nach Günhoven und dabei immer an der Dorfschenke Rißdorf vorbei. Der gemütliche Biergarten im Schatten eines riesigen Baumes sah jedes Mal sehr verlockend aus. Im Internet wollte ich mich deshalb über das urig wirkende Lokal schlaumachen, aber: Fehlanzeige, es gibt keine Homepage. Diese Tatsache machte mich noch neugieriger – lassen wir uns also überraschen.
Tja, was soll ich sagen? Die Dorfschenke entpuppt sich als echte ‚Wundertüte‘. Selten habe ich ein so lockeres Flair erlebt. Irgendwie scheint alles unter dem Motto ‚back to the basics‘ zu stehen. Durch die Räume des Familienbetriebs, der übrigens seit 1825 existiert, weht noch der Wind der guten alten Kneipenzeiten. Viel Holz, eine wuchtige Theke, Kassettendecken – keine Pseudomodernisierung, kein überflüssiger Schnickschnack. Kleinere Verschönerungen werden natürlich regelmäßig vorgenommen, aber keine grundlegenden Veränderungen. Wie sagt Bernd Rißdorf, der aktuelle Wirt, mit verträumtem Blick? „Ja, ja, wenn diese Mauern erzählen könnten …“ Apropos Wirt: Er ist ein Gastronom vom alten Schlag. Sofort wird man in ein nettes Gespräch verwickelt. Er hört zu oder gibt kleine Anekdoten zum Besten. Wer sich da nicht gut aufgehoben fühlt!
Auch das kulinarische Angebot ist mit einigen Besonderheiten gespickt. Die handgeschriebene (!) Speisekarte wird alle sechs bis acht Wochen aktualisiert und dem saisonalen Angebot angepasst. Jedes Gericht wird ausschließlich aus marktfrischen Zutaten zubereitet, wie wir anschaulich erleben. Denn, gerade als wir unser erstes Bolten Ur-Alt genießen, werden die frischen Champignons angeliefert. Dementsprechend klein ist auch die Karte, die dennoch erstaunlich abwechslungsreich ist. Im Gespräch mit Herrn Rißdorf erfahren wir, dass es auch mal vorkommen kann, dass bestimmte Speisen ‚aus‘ sind. Nicht schlimm, denn ich persönlich esse lieber eine frische Alternative als Massenprodukte aus der Retorte.
Zu unseren unschlagbar günstigen Bieren – 1,50 € das Glas – starten wir mit einem kleinen Salat und einer Rinderkraftbrühe mit hausgemachten Markklößchen. Habe ich vorher ausgiebig über die Frische-Philosophie erzählt, sind diese beiden Vorspeisen der wohl treffendste Beweis.
Gutbürgerlich geht es auch bei den Hauptspeisen weiter. Wir bestellen einmal Eisbeinsülze mit Bratkartoffeln und selbst gemachter Remoulade. Bei Sülze bin ich sehr wählerisch, diese hier trifft voll meinen Geschmack. Das Aspik ist fein-würzig, der zarte Fleischanteil überwiegt. Das zweite Gericht hört auf den klangvollen Namen Rißdorfs Dorfpizza. Auf dem Tisch landet eine Art knuspriger Flammkuchen mit Rucola und gebratenen Champignons – wahrscheinlich die, die eben an uns vorbeigetragen wurden.
Zusammenfassend kann ich nur meinen Hut ziehen, vor allem in Anbetracht der erstaunlich niedrigen Preise. Aha, regionale frische Küche muss nicht teuer sein, um zu schmecken.
Also, lieber Wettergott, bitte sorg noch für viele schöne Sommertage, die ich im Schatten in Rißdorfs Biergarten genießen kann.

Ihr LeckerSchmecker
Jean Jacques

Dorfschenke Rißdorf
Günhovener Straße 47 // MG
Fon 02161.580235
Öffnungszeiten
Di – Sa // ab 18 Uhr
Mo, So & Feiertage // geschlossen