Irgendwie verstehe ich die ganze Aufregung nicht. Was ist passiert? Die NSA heuerte, weil sie wahrscheinlich nicht bereit war, mehr Geld als nötig für vertrauenswürdiges Personal auszugeben, Angestellte von Subunternehmen an. Einer dieser Mitarbeiter folgte seiner inneren Einstellung und hat kürzlich der ganzen Welt verraten, dass eben nicht nur unsere freiwillig herausgegebenen Daten gelesen und verwertet werden.
Müssen wir jetzt überrascht sein? Eigentlich können wir nicht so naiv sein, zu glauben, dass die vorhandenen technischen Möglichkeiten nicht auch genutzt werden, solange die nötigen  finanziellen Mittel vorhanden sind. Laut eilig verkündeten Pressemitteilungen wird dies alles natürlich nur auf Anfrage und in besonderen Verdachtsfällen gemacht. Warum denke ich jetzt irgendwie an Pinocchio?
Da war es geradezu eine erfrischende Meldung, als herauskam, dass die Briten unter Zuhilfenahme eines sehr dehnbaren Gesetzes gleich alles lesen, was sie in die Finger bekommen. Und schlimmer noch: befreundeten Staaten das Mitlesen gestatten. Jetzt raten sie mal, wer das ist? Wäre es nicht so brisant, fände ich es fast sympathisch. Nicht flunkern, stattdessen direkt zwischen die Augen der erstaunten Öffentlichkeit zielen. Frei nach dem Motto: Privatsphäre und Rechtsstaat, alles Begriffe von gestern – weg damit!
Das Argument ist auch nicht neu: Nationale Sicherheit, Kampf gegen den Terrorismus. Es fällt schwer, die Empörung deutscher Politiker in diesem Zusammenhang ernst zu nehmen. Schließlich bewilligen sie gleichzeitig hohe Geldbeträge, um dem BND Ähnliches zu ermöglichen. Wenn es so weiter geht, geistert bald eine Meldung durch die Presse, dass nicht mehr physisch vor Ort, sondern im Internet zwischen Nullen und Einsen Länder verteidigt werden.
Zur Beruhigung der geplagten Seele: Niemand ist in der Lage, diese angezapften Datenströme in Echtzeit zu lesen. Es wird mithilfe komplexer mathematischer Verfahren nach auffälligen Mustern gesucht. Erst, wenn diese verdächtige Vorgänge entlarven, schlägt das System Alarm und man schaut genauer hin. Das wäre für mich in Ordnung, wenn nicht dieses Geheimbündlerische wäre und eine demokratisch legitimierte Kontrolle darüber stünde.
Noch eine Sache macht mir Sorgen: Wenn ein Staat schon so ein hübsches Spielzeug hat, ist der Weg womöglich nicht mehr weit, um es auch im nationalen Interesse zur Wirtschaftsspionage zu nutzen. Wäre ich Verantwortlicher in einem größeren exportorientierten deutschen Unternehmen, würde ich schnellstens mit meiner IT-Abteilung über die Verschlüsselung meines Datenverkehrs reden und jede nur mögliche Nachbesserung anregen. Ist nur so ein Gedanke.

Achim Schroers