Der einzige Grund, warum sich mein Waschbrett-Bauch ähnlich verhält wie der diesjährige Sommer, liegt unter Umständen an dem Überangebot an Eiscafés und meinem unwiderstehlichen Drang nach Stracciatella-Eis mit möglichst großen Schokoladenstücken.
Der Sommer kann sich nicht so recht entscheiden und hielt sich bislang teils bedeckt, was ich hingegen von meinem Eiskonsum nicht behaupten kann. Zu der unheilbaren Sucht nach der cremigen, kalten Süßspeise kommt zusätzlich die Unentschlossenheit in der Wahl der richtigen Sorte.
Laut einer Statistik werden zu 39 Prozent Vanille, 16,6 Prozent Schokolade und zu 9,9 Prozent Stracciatella-Eis verzehrt – ginge es nach mir, gerne mit mindestens einer ganzen Tafel Zartbitterschokolade pro Portion. Der Name ‚Stracciatella‘ kommt aus dem Italienischen (woher auch sonst?!) und heißt soviel wie ‚zerrissen‘ oder ‚zerfetzt‘.
Und genau wie meine Lieblingssorte fühle ich mich bei jedem Besuch im Eiscafé, wenn ich in die leicht beschlagene Vitrine schaue und meine Blicke über pastellig bis bunt grelle
Farben schweifen lasse. Hin- und hergerissen habe ich die Qual der Wahl.
Nur eines steht fest: Ich käme niemals auf die Idee, mir After Eight oder das hell-türkis-blaue Schlumpf-Eis zu bestellen.
Auch Exoten wie Sanddorn-Ingwer oder gar Tomate würden es nicht in meine Waffel schaffen. In Anbetracht solch ‚experimenteller‘ Kreationen frage ich mich immer wieder: Was haben die Erfinder von Senfeis oder Granatapfel-Parfait in ihrer Kindheit zu essen bekommen, um heute solche Ideen zu haben? Vielleicht hat in manchen Fällen jemand eine Wette verloren und musste einfach nur eine Eissorte kreieren, die möglichst lange unangetastet in der Vitrine verbleibt.
Früher gab es sechs bis acht Klassiker, mit oder ohne Sahne, fertig. Heute versucht das umtriebige Eisfräulein einen zusätzlichen Umsatz zu generieren, indem sie die Kaltspeisen mit bunten Perlen bestreut, in heiße Schokolade tunkt oder einen Schuss Baileys darüber träufelt – und natürlich sogleich einen Euro mehr verlangt. Der Erfinder von Spargel-
eis würde bestimmt fragen, ob’s denn eine Kelle Sauce Hollandaise dazu sein darf …
Nur bei der Frage, ob man sein Eis aus der Waffel oder dem Pappbecher zu sich nehmen möchte, lasse ich nur eine Antwort gelten: aus der Waffel natürlich! Denn,
haben Sie schon mal beim Rad- oder Autofahren ein Eis aus dem Becher gegessen?
Wenn der Sommer dann gelaufen ist und die Abende kürzer werden, stellt sich nicht mehr die Frage nach den Eissorten, sondern welche Pizza denn geholt wird.
Da gibt’s übrigens auch ganz abenteuerliche Neuentwicklungen: Pizza mit Blutwurst oder mit Pfirsich und Zitronengras. Da kann ich ja gleich nach Belgien fahren, wo man auch Baguette mit Pommes bekommt.
Guten Appetit …
Ihr Gregor Kelzenberg