Deutschlandweit sind etwa 5 Millionen Menschen von einer Arthrose (Gelenkverschleiß) betroffen – in höheren Altersgruppen sogar 70 Prozent. Sehr häufig beginnt die generalisierte Arthrose mit isolierten Knorpelschäden, die anfangs nur wenig Beschwerden verursachen. Sie sind häufig Folge von Unfällen, Instabilitäten – wie nach einem Kreuzbandriss – oder entstehen durch eine mechanische Überlastung des Gelenkknorpels, zu der es durch angeborene X- oder O-Beine, nach operativer Entfernung des Gelenkpuffers ‚Meniskus‘ und so weiter kommt.
Eine spontane Heilung ist bei Knorpelschäden bis auf wenige Ausnahmen leider nicht zu erwarten, vielmehr muss im Endstadium einer Arthrose häufig ein Kunstgelenk implantiert werden. Auch Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel oder Spritzentherapien mit Hyaluronsäure können das Fortschreiten langfristig nicht aufhalten, helfen aber, die Symptome zu lindern. Es gibt Hinweise, dass die modifizierte Eigenblutinjektion nach Sanakin die Entzündungsreaktion und so den Prozess verlangsamen kann.
Solange ein Knorpelschaden auf einen umschriebenen Bereich begrenzt ist, gibt es eine Vielzahl operativer Maßnahmen, mit denen er wirksam und langfristig behandelt werden kann. Die Notwendigkeit eines Kunstgelenks kann so lange hinausgezögert oder ganz vermieden werden.
Die einfachste Möglichkeit ist die Mikrofrakturierung. Hierbei wird der geschädigte Knorpel im Rahmen einer Kniespiegelung entfernt. Anschließend werden in den darunterliegenden Knochen kleine Löcher präpariert, aus denen es dann zur Entleerung von Blut und Wachstumszellen kommt. Hieraus bildet sich dann ein sogenanntes ‚Faserknorpelregenerat‘, welches den Defekt überbrückt. Dieses Verfahren funktioniert umso besser, je kleiner der Defekt und je jünger der Patient ist.
Ein weiteres Verfahren ist die Osteochondrale Transplantation. Hierbei wird ein Knorpel-Knochen-Zylinder aus einem nicht belasteten Bereich des Gelenkes entnommen und in den Defekt eingepasst. Hiermit können größere Defekte als mit der Mikrofrakturierung behandelt werden.
Das modernste Verfahren ist die Autologe Chondrozytentransplantation. In einem ersten Eingriff, einer Kniespiegelung, werden zwei bis drei sehr kleine Knorpel-Knochenzylinder aus nicht belasteten Gelenkarealen entnommen. Hieraus werden durch sehr aufwendige Verfahren Knorpelzellen isoliert und gezüchtet. Eingebettet in eine Trägermatrix werden die Zellen circa drei bis vier Wochen nach der ersten OP über einen kleinen Schnitt in den Defekt eingepasst und fixiert. Diese relativ teure Methode kann auch sehr große Defekte behandeln und zeigt bei regelrechter Indikation Erfolgsquoten von circa 90 Prozent.
Damit die angesprochenen Verfahren erfolgreich angewendet werden können, bedarf es einer individuell angepassten Indikationsstellung. Neben Patientenalter, Nebenerkrankungen und Defektgröße müssen hier insbesondere auch die begünstigenden beziehungsweise auslösenden Faktoren mitbehandelt werden. Nicht selten werden diese Eingriffe daher mit Kreuzbandplastiken oder Beinachsenumstellungen kombiniert.
Dr. med. Georg Sellmann