Manche Ereignisse vergisst man nie. Sie sind einfach unfassbar, historisch, legendär! Und noch in Jahrzehnten erzählt man seinen Enkeln stolz, dass man selbst live dabei sein durfte – wie beim Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Brasilien. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Dinge, die möchte man am liebsten verschweigen und in den Mantel des ewigen Vergessens hüllen – wie die 0:7-Niederlage der Seleção gegen Jogis Jungs, zumindest aus der Sicht jedes Brasilianers. Alles Ansichtssache …
Inzwischen ist ja schon ein dichter Grasteppich über das sportliche Geschehen gewachsen. Man darf sich also ruhigen Gewissens wieder mit dem ehemaligen WM-Gastgeber verbünden – auf kulinarischer Ebene bietet dazu Kempen die perfekte Gelegenheit. Mitten im historischen Kern des malerischen Städtchens verspricht das ‚Rodizio Sol Brasil‘ Gaumenfreuden der besonderen Art. Mit brasilianischen Spießen vom Grill knüpft man dort an die jahrhundertealte Tradition brasilianischer Gauchos an, die am Lagerfeuer ihr Fleisch grillten – zwar ohne Lagerfeuer, dafür mit einer offenen Küche, die ebenso tiefe Einblicke liefert.
So geh’n die Gauchos
Klingt spektakulär genug, also wundert es nicht, dass die Speisekarte hier eher wenige Optionen bietet: Rodizio ja oder nein. Dazu gibt es noch ein Fischgericht, ein Rumpsteak oder die vegetarische Büffet-Variante mit Salat und Vorspeisen so viel man mag. Dafür liest sich die Cocktailkarte wie das Paradies alkoholischer und nichtalkoholischer Versuchungen.
Das Restaurant ist übrigens bis auf den letzten Platz besetzt – an einem Sonntagabend! Wer freitags oder samstags der ‚Fleischeslust‘ frönen möchte, braucht viel Geduld, denn das Rodizio Sol Brasil ist schon mehrere Wochen im Voraus ausgebucht. Den Grund dafür können wir in den ersten Minuten unseres Besuchs nur erspähen und erschnuppern. Den Start unserer kulinarischen Brasilienreise können wir jedoch kaum noch abwarten, als die ersten ‚Gauchos‘ hocherhobenen Hauptes mit den legendären Spießen an uns vorbeischreiten. Direkt am Tisch schneiden die freundlichen jungen Männer saftige Stücke auf die Teller der hungrigen Besucher. Bald sind auch wir an der Reihe.
Als Einstieg haben wir uns zum Glück schon am bereits erwähnten Büffet bedient und Salatvariationen und Gambas genießen dürfen. Natürlich nur winzige Portionen, um das nachfolgende All-you-can-eat auszukosten. Auch die Beilagen – bestehend aus dampfgegartem Gemüse, knusprigen Kartoffelspalten und Reis – haben wir probiert, als uns der erste dampfende Spieß mit Putenfilet mit Schinken und Würstchen präsentiert wird. Nach und nach folgen weitere Spezialitäten: Schweinefilet in Honig-Senfmarinade, Beef, diverse Braten, Hühnerflügel, Datteln im Speckmantel, Kalbsfilet und, und, und … Den Überblick verliert man schnell. Man weiß nur, dass eines besser schmeckt als das andere. Zwischendurch landen wie von Zauberhand gegrillte Maiskolben, Tomaten und Folienkartoffeln mit Kräutercreme auf den Tellern. Die Geschwindigkeit beziehungsweise die Abstände zwischen den einzelnen Gängen können wir zum Glück mit einer Art Ampel-Schildchen steuern: Bei Grün wird weiter serviert, bei Rot gefragt, ob man Nachschlag oder doch lieber eine Pause machen möchte.
Und wenn man glaubt, es geht nichts mehr, kommt der krönende Abschluss in Form von gegrillter Ananas daher. Wir sind satt, aber diesem Traum aus Frucht und Honig kann man beim besten Willen nicht widerstehen. Und auch hier dürfen wir wieder so oft Nachschlag ordern, wie wir möchten.
Was bleibt da noch zu sagen, als eine kurze Beschreibung unseres Heimwegs: So roll’n die Tester, die Tester die roll’n so …
 
Ihr LeckerSchmecker
Jean Jacques