4.800 Kilometer quer durch die USA – das RAAM-Team MAXMO aus Mönchengladbach bereitet sich momentan auf das Race Across America vor. Im Juni geht es von der West- bis an die Ostküste.

Es kann jeder für sich selbst aussuchen, was ihm die größten Probleme bereiten würde – bei einer Fahrtstrecke von 4.800 Kilometern, bei denen 30.000 Höhenmeter zu absolvieren sind, bietet sich schließlich einiges an. Das Fahren durch insgesamt vier Zeitzonen, die endlosen Anstiege bis 18 Prozent, eine Woche ohne geregelten Schlaf oder die Fahrt durch die extrem heiße und trockene Wüste. Vielleicht sind es aber auch die meteorologischen Hürden wie die endlosen Geraden bei Gegenwind, die heftigen Gewitter, die eiskalten Nächte in den Rocky Mountains oder das schwül-heiße Klima am Mississippi. Willkommen beim Race Across America (RAAM), dem wohl härtesten Radrennen der Welt. Einmal von der Westküste der USA an die Ostküste in maximal zwölf Tagen und fünf Stunden – wenn am 20. Juni der Startschuss für dieses Abenteuer zwischen Oceanside und Annapolis fällt, geht auch ein Team aus Mönchengladbach an den Start.
„Wir sind gut gerüstet und freuen uns einfach wahnsinnig auf dieses Erlebnis“, sagt Markus Fischer vom RAAM-Team MAXMO. Fischer, der Inhaber der Werbeagentur ‚werft 12‘ in Mönchengladbach ist, ist ein sportlicher Typ, war mal Profi-BMX-Radfahrer. Er ist Teil des Teams, das sich Mitte Juni auf in die USA macht – allerdings nicht als Fahrer. Fischer ist einer von zwei Berichterstattern dieses Ereignisses und somit Teil des 20-köpfigen Teams, das dieses Unternehmen in die USA begleitet. Denn es sind nicht nur die vier Rennradfahrer Christoph Bohnen, Sven Imhoff, Norbert Nusselein und Oliver Dienst, die sich die Strecke in einer Art Staffelfahrt aufteilen. Sondern es gibt Fahrer der Crewfahrzeuge, Physiotherapeuten, Techniker, einen Koch, einen Sportmediziner, eine Sportbotschafterin, in Christian Manunzio einen Leistungsdiagnostiker und in Dr. Ursula Hildebrandt eine Sportmedizinerin, die das Team beim Thema Ernährungsberatung unterstützt. Und es gibt den Neusser Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Dr. Walter Kaiser. Der eigentliche Crew Chief, bei dem alle Fäden zusammenlaufen, muss gesundheitsbedingt von Deutschland aus die Daumen drücken und für Unterstützung sorgen. „Das Team hat sich nach und nach aufgebaut“, erklärt Markus Fischer. „Und es ist viel größer geworden als anfangs gedacht. Aber jeder ist voll ausgelastet und hat seine Aufgaben.“
Eigentlich wollte man schon 2011 an diesem Rennen teilnehmen. „Aber das war wohl etwas blauäugig“, sagt Fischer. „Wir haben schnell gemerkt, dass eine längere Vorbereitungszeit auf das Rennen notwendig ist.“ Also stand schnell fest: 2015 gehen wir an den Start. Das Team, das fast ausschließlich aus aktuellen oder ehemaligen Leistungssportlern besteht, bastelte also an einem Masterplan für ein erfolgreiches Rennen. Wobei die Definition von ‚erfolgreich‘ zwei Ebenen besitzt: „Natürlich haben wir den Ehrgeiz, das Rennen auf den vorderen Plätzen zu beenden oder sogar zu gewinnen“, sagt Fischer. Dafür arbeiten sie schließlich alle hart: Auf der Website des RAAM-Team MAXMO werden die geleisteten Trainingskilometer der vier Athleten aufgeführt.
Gut 70.000 Kilometer haben die vier Athleten seit dem 20. Juni 2014 gemeinsam mit ‚Back-up‘ Willi Verleysdonk in den Asphalt gebrannt, und bis zum Abflug in die USA werden sicher noch viele Tausend dazu kommen. „Aber es gibt noch einen zweiten, eigentlich wichtigeren Grund, warum wir das machen“, sagt Fischer.
Denn das Rennrad-Quartett radelt auch für den guten Zweck: Mit jeder Meile, die die vier radeln, sammeln sie am Ende Geld für das Kinderpalliativteam ‚Sternenboot‘ in der Uniklinik Düsseldorf.
„Wir haben ein System entwickelt, nach dem jeder Sponsor für unser Projekt werden und Meilen dieser Strecke kaufen kann“, sagt Fischer. „Es sind einige Firmen dabei, aber auch Privatleute.“ 40 Euro kostet eine Meile, es ist auch möglich, eine komplette der insgesamt 55 Zeitmessstationen zu buchen. Die Idee kommt bisher gut an. „Aber noch freuen wir uns natürlich über jeden, der sich noch beteiligen will.“
Im ‚Sternenboot‘ werden knapp 50 unheilbar kranke Kinder behandelt. Dort arbeitet ein Team aus Ärzten und Pflegenden und ermöglicht diesen Kindern, zu Hause bei ihren Familien betreut zu werden und nicht in Klinik oder Hospiz. Das Geld der Sponsoren, das abzüglich der Reisekosten übrig bleibt, wird vom Team ans ‚Sternenboot‘ gespendet. „Natürlich werden wir auch nach dem Rennen offen zeigen, wo das Geld hingeht“, sagt Fischer. „Es wird eine ordentliche Summe übrig bleiben.“ Das RAAM-Team MAXMO hat sich vor wenigen Wochen ein Bild von der Situation gemacht und die Arbeit des ‚Sternenboots‘ besichtigt. „Wir haben uns sehr gefreut, dass wir mit unserem Projekt so viele Kinderaugen zum Strahlen bringen konnten”, sagt die Crewchefin Daniela Dienst, die kurzfristig für Walter Kaiser eingesprungen ist. Der Besuch des ‚Sternenboots‘ sei kein einfacher Termin gewesen, sagen die Crewmitglieder unisono. Und doch schärfte er in der Vorbereitungszeit die Sinne darauf, wofür es sich zu kämpfen lohnt.
„Wenn du nicht mehr kannst, dann bist du erst bei 50 Prozent“, lautet das Motto von Racer Oliver Dienst. Der 46-Jährige ist Geschäftsführer der MAXMO GmbH und hat bis heute 19 MAXMO-Apotheken eröffnet. Er war es, der die gute Idee hatte, ein Team für das Race Across America zusammenzustellen. Zahlreiche Marathons ist er gelaufen, zehn Ultraläufe und sechs Ironmans. Einmal war er auch beim Marathon des Sables dabei, ein Etappen-Ultramarathon durch die marokkanische Sahara: In sechs Tagen waren 250 Kilometer zu absolvieren. Doch das hier, das wird wohl die größte Herausforderung für ihn und seine Teammitglieder. Geradelt wird am Tag und in der Nacht, in der Hitze und in der Kälte, dort, wo es nass ist und dort, wo es staubig ist. Und das Ziel ist anspruchsvoll, das Team möchte das Rennen in der Hälfte der veranschlagten Zeit absolvieren: „Wir wollen das in weniger als sechs Tagen schaffen“, sagt Dienst.
Das Race Across America ist eine Quälerei, das wissen sie alle und haben sich akribisch vorbereitet. Nichts wird dem Zufall überlassen. Neben vielen Tausend individuell gestrampelten Trainingskilometern gab es im vergangenen September eine 30-stündige Simulation auf einem 7,5 Kilometer langen Rundkurs in Grevenbroich, im Winter im Return Sportpark ein 48 Stunden-Charity-Spinning.
Am Osterwochenende gab es dann die Generalprobe, da fuhr das komplette Team 72 Stunden lang quer durch Deutschland. Auf der ‚1:1-Simulation‘ wurden auf 2.150 Kilometern alle Abläufe getestet, die Fahrerwechsel, die Leistungsdiagnostik, das technische Equipment und das Zusammenspiel der 20 Crewmitglieder. Gefahren wurde in zwei Zweier-Teams, die sich immer wieder abgewechselt haben, begleitet von zwei Wohnmobilen, zwei Follow-Cars und einem Media Car. „Es war uns bei diesem riesigen Unternehmen wichtig, dass Kleinigkeiten passen“, sagt Fischer. „Und es lief so rund, dass wir unser Ziel, nach 72 Stunden anzukommen, um gerade einmal 20 Minuten verpasst haben.“
Nun freuen sich alle bestens gewappnet auf das Rennen. Auf die sportliche Herausforderung, auf das Arbeiten im Team und darauf, etwas Gutes zu tun. Markus Fischer nennt aber noch eine weitere naheliegende Motivation: „Wann bekommt man schon mal die Gelegenheit, 4.800 Kilometer in den USA von West nach Ost zu reisen? So was macht man nur einmal im Leben, das ist ein Abenteuer.“
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