In Sachen Mode muss sich Mönchengladbach nicht verstecken. Hier gibt es kleine, feine Geschäfte und Werkstätten, in denen Kleider und Accessoires in fi ligraner Arbeit hergestellt werden. Keine industrielle Massenware, sondern auf die Trägerin abgestimmte handgefertigte Unikate entstehen hier.

Das Angebot von ‚KL Karl Lagerfeld‘ kam während des Studiums an der Hochschule Niederrhein. Nur zwei Semester studierte Guido Reinhold damals, dann wurde er in die Mode-Metropole Paris gerufen, um für das eigene Label des Haute-Couture-Designers als Erstschnitt-Techniker zu arbeiten. In der Hierarchie der Schnittentwicklung ist das die höchste Ebene – die Pole Position für die Karriere. Heute hat der 46-Jährige sein eigenes Atelier und Manufaktur für Mode und Kostümkunst. Zu seinen Kunden gehören neben Privatpersonen vor allem die großen Opernhäuser der Welt. Künstler der Metropolitan Opera New York, der Nederlandse Opera Amsterdam, der Opera National de Paris, des Puschkin-Theaters und des Opernhauses Düsseldorf tragen in den Inszenierungen seine Arbeiten.
Guido Reinhold ist nicht nur Designer. Er entwickelt auch die Muster, nach denen die Stoff e zugeschnitten werden. In seiner eigenen Manufaktur werden die Kreationen genäht. Während der 46-Jährige für Privatkunden selbst Kleider nach Maß entwirft und auch eine eigene Modelinie entwickelt hat, setzt er in der Opernwelt die Ideen der Kostümbildner um.
Eine Aufgabe, für die man viel Einfühlungsvermögen braucht. „Man muss sich in den Künstler hineinversetzen“, sagt er. Das gilt für einen Haute-Couture-Meister wie Lagerfeld genauso wie für den Kostümbildner der Wagner-Inszenierung. Gerade bei Lagerfeld, der für seine Detailbesessenheit bekannt ist, dürfte der Job sehr schwierig sein, oder? Hat der Meister nicht ständig etwas zu meckern? „Überhaupt nicht“, sagt Reinhold. „Lagerfeld achtet auf jedes Detail und ist sehr präzise in seinen Vorstellungen und Wünschen.“
Schon im zarten Alter von vier Jahren hat Reinhold angefangen, selbst zu nähen. Seine Leidenschaft für Textiles hat sich mit den Jahren immer mehr entfaltet. „Sobald ich einen Stoff sehe, habe ich eine Idee, was ich damit machen kann“, sagt er. In seinem Showroom an der Regentenstraße hängen einige seiner Kreationen: Ein Traum aus smaragdgrüner Seide, darüber ein schwarzer Mantel aus zarter Spitze. „Ein Konzertkleid für eine Sängerin“, erklärt er. Weil bei Spitze jede Naht auff ällt, ist hier viel Handarbeit gefragt.
Filigrane Arbeit und zarte Spitze
Davon kann auch Françoise Weijs ein Lied singen. Die Designerin hat sich auf Braut- und Festmoden spezialisiert. Wer zu der Niederländerin kommt, will nichts von der Stange. Für den Tag der Tage soll das Kleid etwas ganz Besonderes sein. „Bräute haben hohe Ansprüche“, ist ihre Erfahrung aus 25 Jahren als Designerin. Vom puristischen weißen Kleid bis hin zum aufwendigen Modell mit Corsage, bauschendem Unterrock und hochgeschlossener Jacke im viktorianischen Stil für die Gothic Braut reicht das Spektrum.
Das Kleid soll nicht nur für den Körper maßgeschneidert sein. „Es muss optimal zur Persönlichkeit der Trägerin passen“, sagt Weijs. „Dann entsteht eine Symbiose zwischen Trägerin und Kleid.“ Die Brautkleider, die in ihrem Geschäft hängen, dienen hauptsächlich als erste Anregung, um herauszufinden, was der Braut gefallen könnte. In dicken Ordnern wird dann in Stoffmustern gestöbert.
Hier findet sich alles, was das Herz begehrt: Spitze, Taft, Seidenstoffe, Organza und Perlen in allen Farben.
Sobald die Entscheidung gefallen ist, wie das Kleid aussehen soll, werden die Stoffe bestellt. Drei Wochen dauert es dann vom Zuschnitt bis zum fertigen Kleid. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Braut eine Modelfigur hat oder nicht. „Jede Frau ist anders“, sagt Weijs. Sie hat schon Kleider für Frauen gemacht, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind oder Sondergrößen brauchten.
Mit Sondergrößen hat Weijs auch angefangen: Als Kind hat sie für ihre Puppen geschneidert. Dass sie der Weg in die Mode führen würde, war ihr schon früh klar. Seit Februar hat sie sich mit der Goldschmiedin Martina Misch zusammengetan. Zusammen sind sie Mouck – Design & Schmiede. Während Misch ihr Atelier im vorderen Bereich des Geschäfts an der Albertusstraße hat, ist Weijs’ Reich im hinteren Teil des Ladens. „Wir haben uns bei einer Hochzeitsmesse kennengelernt“, erzählt Misch. Auf Anhieb waren sich die Frauen sympathisch. „Sie hat mir erzählt, dass ein eigenes Geschäft ihr Traum wäre“, berichtet Misch. Ihre bisherige Geschäftspartnerin ist aus privaten Gründen ausgestiegen, so war der Platz frei.
Misch hat über eine zweite Ausbildung zu ihrer Leidenschaft gefunden. „Von Haus aus bin ich Pädagogin“, erzählt die 51-Jährige. Mit 30 Jahren hat sie beschlossen, umzuschulen. Ihr Handwerk hat sie von der Pike auf gelernt. Ihre pädagogische Ausbildung kommt ihr aber auch heute noch zugute: Nicht nur in der Beratung der Kunden, sondern auch in den Kursen, in denen Paare ihre Trauringe selber anfertigen können. „Ich erlebe es oft, dass die Kunden dann merken, was Handwerk bedeutet“, erzählt sie. „Viele sind danach erschöpft, weil man sich die ganze Zeit auf die filigrane Arbeit konzentrieren muss.“
Handgenähte Einzelstücke
Da geht es in der Werkstatt von Lydia Eikenbusch handfester zu. Sie rückt ihren Taschen schon mal mit dem Hammer zu Leibe. Seit einem Jahr hat sie ihr Geschäft an der Wallstraße in Mönchengladbach.
Vorne im Schaufenster machen ungewöhnliche Kreationen die Kundinnen aufmerksam, innen bekommen sie den freien Blick in die Werkstatt der Täschnerin. „Oft wundern sich die Leute, dass es den Beruf der Täschnerin gibt“, fällt Eikenbusch auf. Während Mode-Designerin und Schneiderin den meisten geläufig sind, denkt kaum jemand daran, dass auch Taschen entworfen und gefertigt werden.
Rund um ihren Werktisch hängen Leder in verschiedenen Farben, im Hintergrund finden sich Leime, Garne und allerhand Werkzeuge, die für die Produktion gebraucht werden. Jede Tasche ist ein Unikat, weil sie von Hand hergestellt wird. Wer will, kann sich eine fertige Tasche aussuchen, aber es kommen auch immer öfter Kunden, die sich ein Modell nach ihren persönlichen Vorstellungen anfertigen lassen.
Obwohl ihr Handwerk einen vergleichsweise rustikalen Eindruck macht, geht es auch in der Täschnerei um Präzision. Die Schnitte müssen passen, denn Nähte lassen sich nicht so leicht trennen, wie man es aus der Schneiderei kennt. „Jeder Stich ist im Leder sichtbar“, erklärt Eikenbusch. „Deshalb kann man da nicht einfach drüber nähen.“
Für ihre Taschen und handgeschneiderten Gürtel verwendet sie hochwertiges Rind- oder Ziegenleder, die aus italienischen und süddeutschen Gerbereien kommen. „Ich bevorzuge schöne, klassische Schnitte, ohne viel Schnickschnack“, sagt sie. Die Materialien dafür werden hauptsächlich pflanzlich gegerbt. Das Handwerk und die hohe Qualität der Materialien machen ihre Unikate aus.
Garnet Manecke
TIPP                                                                                                                                                                             Jede Menge Design und Handarbeit bietet auch Greta, der Markt der schönen Dinge. In diesem Jahr findet er am Sonntag, 5. Juli, rund um den Schillerplatz statt.
www.meine-greta.de