Wie heißt es so schön? Mitgehangen, mitgefangen. In diesem speziellen Fall sorgten meine lieben Kollegen aus der Redaktion dafür, dass ich mich für einen ‚Selbstversuch‘ doch allen Ernstes auf den Fahrradsattel schwingen und unsere Heimat ohne ausgiebige Schlemmereien erkunden musste. Ein echtes Mammutprojekt für jemanden, der sonst doch lieber wandert – und zwar vom Parkplatz zum Tisch und wieder zurück. Aber was tut man nicht alles für die treuen Leser …
Was mit Zweifeln begann, entpuppte sich im Nachhinein jedoch als fantastischer Ausflug. Ich war zwar schon immer ein absoluter Verfechter unserer Region, dass sie aber gerade jenseits und entlang der deutsch-niederländischen Grenze so viele Überraschungen und landschaftliche Reize bietet, das hat mich doch glatt vom Hocker beziehungsweise aus dem Sattel gehauen. Und auch aus Sicht des Testers waren die Redaktions-Ausflüge sehr ergiebig, schließlich habe ich durch sie das Waldgasthaus Galgenvenn, unser heutiges Ziel, entdeckt.
Mitten im Grenzwald bei Nettetal, ungefähr dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, liegt das gemütliche Restaurant samt einladendem Biergarten. Eigentlich irgendwo im Nirgendwo und trotzdem für einen Abend unter der Woche sehr gut besucht. Kein Wunder, hier sitzt man wirklich traumhaft schön. Und dann diese Ruhe … Kein Straßenlärm, stattdessen
Vogelgezwitscher und das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln! Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel, dass jetzt bitte auch das Essen den ersten Wohlfühl-Eindruck fortführt.
Die Karte klingt zumindest schon sehr verlockend. Sie ist zwar nicht gespickt mit innovativen Kreationen, dafür verführt sie mit einigen Klassikern der deutschen Küche und zwei grenzgenialen Highlights: Essen vom heißen Stein und regionale Wildgerichte. Die Hauptgänge wären damit doch schon gebucht.
Vorneweg probieren wir das ‚Champignonpfännchen in Rieslingsahnesauce‘ und das ‚Carpaccio vom Grenzwalder Wildrücken mit Rucola und Parmesan‘. Beides genussreiche Einstimmungen. Aus Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, Pilze in schmackhafter Sauce zuzubereiten, ohne dass das edle Gemüse zu weich gekocht ist – hier ist es der Küche perfekt gelungen. Der Wildrücken gibt allerdings Rätsel auf. So zart und mild, das kann doch nichts anderes als Reh sein? Falsch gedacht: Es handelt sich tatsächlich um Wildschwein! Leider kann ich betteln, wie ich will, keiner möchte mir das Geheimnis des fantastischen Gerichts verraten. Wie gemein …
Gemein gut geht es auch bei den Hauptgerichten weiter. Ich stelle mich der Herausforderung des heißen Steins: Schaffe ich es tatsächlich, mein Steak ‚englisch‘ zu verzehren und das auch noch, ohne mir die ungeschickten Finger zu verbrennen? Ja, es klappt wunderbar. Nur selten habe ich deutsches Rind dieser Qualität erleben dürfen. Dazu noch eine Auswahl hausgemachter Dips von fruchtig bis pikant, ein frischer Salat und warmes Baguette. Mir gegenüber duftet das Ragout vom Grenzwalder Wild in fruchtiger Waldpilzsauce. Auch hier wieder großes Raten: Welches Tier sorgt für Begeisterung? In diesem Fall ist es gleich eine Trilogie aus Damwild, Reh und Wildschwein. Ich bin wirklich tief beeindruckt, wie mild diese im Geschmack doch eher kräftigen Fleischsorten auf der Zunge zergehen.
Einen Tipp gibt uns die Chefin aber noch selbst, als wir unser Lob auch kundtun wollen. Das Waldgasthaus ist aufgrund seiner idyllischen Lage natürlich ein ideales Ausflugslokal – sonntags kann es hier dementsprechend voll sein. Fluch und Segen zugleich. Wenn Sie nun neugierig geworden sind, sollten also auch Sie lieber die Wochentage im Galgenvenn ausklingen lassen.