Von Weitem sehen die japanischen Komon-Gewänder einfach nur wie graue, gerade geschnittene Mäntel aus. Wer ihrem Geheimnis auf die Spur kommen will, muss nahe herantreten. Dann sind die winzig-kleinen Muster auf dem Stoff zu erkennen, die ursprünglich den Samurai vorbehalten waren. Die Ausstellung ‚Kirschblüten und Haifischhaut‘ im Krefelder Textilmuseum ist eine spannende Reise in eine andere Welt.

Haifischhaut beschreibt nicht das Material, das für die Gewänder genutzt wurde, sondern das Muster. Mithilfe von Schablonen wurde eine Paste auf die Leinen- und Seidenstoffe aufgetragen, die die bedeckten Stellen beim Färben schützten. So entstand aus tausenden minimalen Punkten das geschwungene Muster, das von den sich überlagernden Schuppen des Hais inspiriert ist. Diese kleinen Muster, die man erst beim näheren Hinsehen erkennt, geben den Gewändern ihre Namen: Komon.
Ein Film zeigt, wie die Schablonen aus Schichten von Maulbeerbaumpapier hergestellt werden. Mit Skalpellen werden die kleinteiligen Motive ausgeschnitten. Jede Samurai-Familie hatte ihre eigenen Bilder, die von niemand anderem benutzt werden durften. Kleine Blüten, Blätter, Kreuze oder Schiffe, mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen, sind eingearbeitet und erzählen Geschichten. Die Ausstellung widmet sich der Edo-Zeit von 1603 bis 1868. Damals haben auch wohlhabende Kaufleute die Komon-Gewänder der Samurai für sich entdeckt. Es kam in Mode, eigene Muster zu entwickeln und zu tragen. Kleine Waagen oder Symbole für ihre Handelswaren wurden in die Muster integriert.
In der Ausstellung ‚Kirschblüte und Haifischhaut – Textilien der Samurai und Bürger der Edo-Zeit‘ präsentiert das Textilmuseum Krefeld rund 100 Exponate aus dem 18. und 19. Jahrhundert. 75 davon stammen aus der eigenen Sammlung japanischer Gewänder, die in Europa einmalig ist. Neben den Komon-Gewändern ziehen farbenprächtige Kimonos mit üppigen Blumenmotiven den Betrachter in ihren Bann. Auch sie bergen ein Geheimnis, denn, was aussieht wie eine aufwendige Stickerei, ist oft das Ergebnis von Webkunst.
Ergänzt wird die Schau mit Masken, die im traditionellen Nô-Theater verwendet wurden, sowie Bildern mit Spielszenen. Hier spielten die Gewänder eine besondere Rolle. An ihren Farben erkannte der Zuschauer, ob es sich um eine Frauen- oder Männerrolle handelte. Denn im Nô-Theater standen nur Männer auf der Bühne. Um die oft tragischen Inhalte der Stücke aufzulockern, gab es heitere Zwischenspiele. Farbenprächtige Überwürfe zeigten das dem Publikum an.
Fotos retten vergangenes japanisches Leben in die Gegenwart: Der Betrachter sieht einem Frisör bei der Arbeit zu, schaut einer Wäscherin über die Schulter und ist dabei, wenn ein Kimono sorgfältig zusammengelegt wird. Aber das Herzstück der Ausstellung ist die Rüstung des Samurai: Seidenbänder verbinden die einzelnen Plättchen und boten dem Krieger so nicht nur Schutz, sondern auch Bewegungsfreiheit. Besonders kostbar ist der Helm, der von innen vergoldet ist.
Garnet Manecke
 
Ausstellung
Kirschblüte und Haifischhaut
bis 13.12.2015
bis 31.10. | Di – So 10 – 18 Uhr
ab 1.11. | Di – So 11 – 17 Uhr
Deutsches Textilmuseum
Andreasmarkt 8 | Krefeld
www.krefeld.de/textilmuseum