Über Geschmack lässt sich bekanntermaßen nicht streiten. Ganz anders schaut es da schon bei der Frage aus, wo man geschmackvoll verwöhnt werden möchte. Die einen bevorzugen die großen, professionell geführten Häuser – schließlich weiß man dort genau, was einen erwartet. Andere wiederum schwören auf die kleineren schon fast privaten Locations, in denen jeder Besuch zur Überraschung wird.
Ich persönlich liebe ja den Mittelweg zwischen beiden Extremen und fühle mich dort am wohlsten, wo das Ambiente gemütlich und persönlich, das Speisenangebot abwechslungsreich, aber gleichbleibend hochwertig und der Service fachkundig wie freundlich ist. Ob dahinter nun gut umgesetzte Systemgastronomie steckt oder sich ein Genießer den Wunsch des eigenen, kleinen Lädchens erfüllt hat, spielt erst mal eine untergeordnete Rolle.

Nichtsdestotrotz war ich doch einigermaßen erstaunt, als mir vorgeschlagen wurde, doch einmal dem Dorint Kongresshotel Düsseldorf Neuss einen Testbesuch abzustatten. Dies erledigte sich von selbst, als der Tippgeber erzählte, dass dessen Restaurant nun auf den klangvollen Namen ‚LeBistrot99‘ hört. Moment, das kenne ich doch? Natürlich! In Köln versprüht doch schon seit über 5 Jahren ein ganz besonderer Laden unter eben diesem Titel französischen Charme und ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für sein außergewöhnliches Kulturangebot. Dort trifft anspruchsvolle Gastronomie auf Live-Musik und Ausstellungen unterschiedlichster Art. Und genau dieses Konzept hat nach aufwendigen Renovierungsmaßnahmen nun auch in Neuss Einzug gehalten.
Top! Wir sind gespannt … Natürlich fahren wir nicht einfach so ins Blaue, sondern suchen uns einen der ‚La Nuit‘-Abende aus, eine Veranstaltungsreihe, bei der der Gaumenschmaus mit Soul, Latin, Jazz oder typisch französischer Musik abgerundet wird. Der erste Eindruck des umgestalteten Restaurants überrascht. So gemütlich hätten wir es wirklich nicht erwartet. Hier herrscht ja tatsächlich locker-elegante Bistro-Atmosphäre! Und das, obwohl die Tische ein wenig umgestellt wurden, um Platz für die Tanzfläche sowie Sound- und Lichtinstallationen zu schaffen. Von unserem Tisch aus haben wir einen guten Blick auf das Künstlerduo, das sich bei unserem Eintreffen bereits ‚eingegrooved‘ hat. Hier scheiden sich jedoch im Nachhinein die Geister: Diejenigen, die hauptsächlich wegen der Musik nach Neuss gekommen sind, schwelgen im satten Sound. Für die anderen, die auch auf den Essensgenuss Wert legen, hätte die musikalische Begleitung etwas weniger dominant sein können. Schließlich waren die Speisen so gut, dass es fast zu schade war, dass man sich teils nur schwer auf den feinen Geschmack der meist französisch-mediterran angehauchten Speisen konzentrieren konnte.
Das Angebot ist übrigens, wie es sich für ein Bistro gehört, nicht übermäßig groß. Eine kleine Auswahl an Vorspeisen, ein paar Hauptgerichte und Kleinigkeiten, drei, vier Desserts und dazu eine Tageskarte mit aktuellen Angeboten. So überschaubar die Anzahl auch ist, wer hier nichts Passendes findet, ist wirklich selber schuld. Wir zum Beispiel starten unseren Abend mit geräucherter Entenbrust mit frischen (!) Himbeeren und Sauerrahm auf Salat. Die zweite Wahl fiel auf die Zwiebelsuppe. In beiden Fällen kann man nur sagen: Frankreich lässt grüßen – und zwar in seiner schönsten Form …
Bei den Hauptspeisen kann man jedem Besucher besonders die Spezialitäten des Hauses ans Herz legen, die auch wir uns nicht entgehen lassen konnten: Flammkuchen von klassisch bis leicht asiatisch-
experimentell und das unvergleichlich raffiniert abgeschmeckte Boeuf Bourguignon. Deren feine Aromen lassen einen wirklich alles um sich herum vergessen … So ausgewogen abgeschmeckt habe ich diese Gerichte wirklich nur selten erleben dürfen.
Doch was haben wir nun mehr genossen –
Musik oder Essen? Das bleibt mein süßes Geheimnis, dazu sollte sich am besten jeder sein eigenes Bild machen.
Ihr LeckerSchmecker
Jean Jacques