Neulich war unsere Spülmaschine kaputt. Einfach so! Von heut‘ auf morgen – das muss man sich mal wegtun … Na ja, kann nach 15 Jahren treuester Pflichterfüllung ja durchaus passieren. Bei einem gefühlt täglichen Einsatz (Mehrfachtageseinsätze verrechnet mit Pausentagen während des Urlaubes) käme ich auf stattliche 5.475 Arbeitsaufträge – nicht schlecht, oder?! Immerhin: Bei einem statistischen Durschnittsverbrauch von 12 Litern je Spülvorgang hätte sie um die 66 Kubikmeter Wasser und über 100 kg Spültabs verbraucht. Nicht auszudenken, was für Spülfinger man in dieser Zeit bekommen hätte!
Doch die Vakanz zwischen Abschied von der ‚Alten‘ und der Inbetriebnahme der ‚Neuen‘ ist das eigentliche Abenteuer: Eine Reise in die Vergangenheit. Hier merkt man erst wieder, wie degeneriert und verwöhnt der zivilisierte Konsument die Dinge des Alltags als selbstverständlich annimmt. Drei Getränke = drei Gläser. Alles sofort in die Spülmaschine! Wenn Besuch da war, das ganze mal Anzahl der Besucher plus Faktor X. Beispiel: Sechs Gäste, alle tranken eine Sorte Weißwein – am nächsten Morgen stehen mindestens elf Gläser in der Küche, zwei liegen zerbrochen im Abfall, zwei weitere auf dem Balkon und so weiter. Wo ist da die Logik? Bunte, mit kleinen Saugnäpfen applizierte Symbole am Weinkelch oder mit buntem Eddingstift markierte Gläser hätten kein anderes Ergebnis herbeigeführt. Solche Probleme sind bei reinen Männer-Veranstaltungen mit ‚Stubbis‘ zum Glück nicht bekannt.
Im Laufe eines Sonntagvormittags trinke ich schon mal drei Espressi und ebenso viele Kaffee – besonders, wenn der ZDF Fernsehgarten läuft. Ich würde ja eine Tasse oder einen Löffel zweimal benutzen. Wo wäre das Problem? Das Problem ist meine ordnungsliebende Frau, im Übrigen bekennende Spül- und Staubsaugerfetischistin. Für sie bedeutet ein benutzter Löffel in der Spüle: Fehler im System. In ihrem Kopf wird folgender Ablaufplan aktiviert: Begleitet von imaginär blinkenden Warnlampen und einem ohrenbetäubenden ‚Möööp – Möööp – Möööp‘ (das Geräusch kennen Sie: Bruce Willis alias Insp. John McClane wirft sich in allerletzter Sekunde durch ein sich schließendes Eisentor eines russischen Hochsicherheits-Atombunkers) wird das Corpus Delicti richtig herum (!) in die Spülmaschine eingeräumt, die Spüle nebelfeucht durchgeledert und abschließend mittels flusenfreiem Microfasertuch streifenfrei nachgearbeitet.
Manchmal frage ich mich, ob Wegwerfplastiklöffel oder die Holzrührstäbchen von Mäckes unsere alte Spülmaschine nicht hätten auch 20 Jahre alt werden lassen …
Das Gleiche gilt aber bei mir auch für Socken. Die Anatomie meines Körpers erlaubt es, ein paar Strümpfe auch mehrfach zu tragen, ohne sie täglich in den Wäschekorb zu verfrachten. Somit versteck‘ ich also vor dem Zubettgehen meine Socken wie ein Eichhörnchen die Nüsse im Herbst, in Sofaritzen oder zwischen dem Kaminholz, um sie vor dem Zugriff meiner Frau zu retten. Leider ist mein Gedächtnis nicht so gut wie das des Eichhörnchens. Heut‘ morgen durchwühlte ich wieder das Wohnzimmer und sang dabei „I still haven´t found, what I’m looking for“. In der Spüle lag jedenfalls nichts …
Ihr Gregor Kelzenberg