Viele Experten glauben, dass es der erst 19 Jahre junge Schweizer Nico Elvedi in den endgültigen Kader der Schweizer Nationalmannschaft für die Europameisterschaft schaffen könnte.

Eigentlich war Vladimir Petkovic doch in erster Linie nur in den Borussia-Park gekommen, um sich Granit Xhaka und Yann Sommer live anzuschauen. Doch der Schweizer Nationaltrainer bekam an diesem Februartag in Mönchengladbach ‚on top‘ noch einen dritten Borussen geboten: Nico Elvedi, 19 Jahre jung und vielseitig verwendbar in der Defensive. Dass der Nationaltrainer im Stadion war, wusste der junge Profi. Aber es ist irgendwie typisch, dass ihn Petkovics Anwesenheit nicht nervös gemacht und irritiert hat – er spielte wie immer. „Ich bin vor einem Spiel eigentlich nie nervös“, sagt Elvedi. „Es ist eine positive Anspannung. Ich freue mich einfach, wenn ich Fußball spielen kann.“ Unaufgeregt, cool und abgeklärt. Borussia gewann 1:0, und nach dem Spiel gab es wieder mal andere Helden. Den zaubernden Raffael etwa, den smarten Torhüter Yann Sommer oder Siegtorschütze Mo Dahoud. Für einen wie Elvedi bleibt selten Raum für lauten Applaus, und doch sind es Spieler wie er, die der Kitt einer gut funktionierenden Mannschaft sind.
Das weiß natürlich auch Petkovic, und er weiß auch, dass er die diesjährige Europameisterschaft nicht nur mit spektakulären Künstlern erfolgreich bestreiten kann. Er braucht auch Typen wie Nico – auch wenn dieser eigentlich noch in der U20- oder U21-Nationalmannschaft spielen könnte. Sein EM-Ticket hat Elvedi keineswegs sicher, aber viele Experten gehen davon aus, dass er, obwohl er bisher nur in Nachwuchs-Nationalmannschaften zum Einsatz kam, am Ende zum 23er-Aufgebot für das Turnier in Frankreich zählt. Und es wäre in seiner Karriere längst nicht das erste Mal, dass der talentierte Youngster früh dran ist: Im Alter von gerade einmal 16 Jahren hat er sein erstes Spiel in der dritthöchsten Schweizer Liga absolviert, für die Reserve des FC Zürich. Mit 17 folgten dann sein erstes Ligaspiel bei den Profis und sein erstes in der Europa League, mit 18 sein erstes Profi-Tor und vor einem Jahr sein Wechsel in die Bundesliga zu Borussia.
Eigentlich als Perspektivspieler vom FC Zürich verpflichtet, nahm er weiter jede sich bietende nächsthöhere Sprosse auf der Karriereleiter: Elvedi spielte gegen den FC Bayern und in der Champions League. Nach ersten Einsätzen hat er sich schnell seinen Stammplatz im starken Team der Fohlenelf gesichert. „So jung seine ersten Bundesligaspiele absolvieren zu dürfen – das erlebt nicht jeder“, sagt er. „In den letzten drei Jahren ist alles sehr schnell gegangen. Aber nicht zu schnell. Ich versuche einfach, jeden Tag mein Bestes zu geben, und das hat in der letzten Zeit eben sehr gut funktioniert.“ An der rasanten Aufholjagd Borussias vom letzten Tabellenplatz auf den finalen vierten hat er mit 21 Spielen großen Anteil. „Ich bin sehr zufrieden damit, wie die erste Saison hier gelaufen ist“, sagt er. „Die Bundesliga ist ein ganz anderes Kaliber als die erste Liga in der Schweiz. Das fußballerische Niveau ist höher, es gibt riesige Stadien. Der Stellenwert, den der Fußball hier genießt, ist enorm. Ich hoffe, es geht so weiter.“
„Jeder Spieler hat seine Chance. Der Kader ist nie zu“, hatte der Nationaltrainer, befragt nach Elvedi, bereits mehrfach bestätigt. Und der Borusse hat sich dementsprechend lieber nicht mit Plänen für den Sommerurlaub beschäftigt – es könnte ja in der Tat sein, dass er mit nach Frankreich zur EM ‚muss‘. Seine ersten fünf Minuten in der Bundesliga für Borussia waren im Spiel gegen den FC Ingolstadt im vergangenen Herbst. Den Moment, in dem er eingewechselt wurde, hatte der Schweizer später mit seinem Smartphone vom Fernseher abfotografiert und so für die Ewigkeit festgehalten – es war wieder einmal ein früher Meilenstein in seiner jungen und doch schon bemerkenswert ereignisreichen Karriere. In diesem Sommer könnten einige dazukommen …