Sie kennen Lugnez nicht? Damit stehen Sie gewiss nicht allein. Lugnez ist die deutsche Form von Val Lumnezia. Und dabei handelt es sich um ein zehn Kilometer langes Tal im Schweizer Kanton Graubünden. Hier in grüner Idylle des vom Glenner durchflossenen Seitentales der Surselva, ist Fohlen-Profi Nico Elvedi groß geworden – in einer Region, deren Einwohner bis heute das rätoromanische Idiom Sursilvan sprechen. Insofern allein schon ist die Gegend eine Besonderheit, denn die rätoromanischen Sprachformen haben sich über die Jahrhunderte gegen die drei ‚Hauptsprachen‘ unseres alpinen Nachbarn durchgesetzt, also gegen Deutsch, Französisch und Italienisch.
Was die luxuriöse Sprachenvielfalt der Schweizer angeht, ist die Mannschaft der Gladbacher Fohlen nahezu zum Spiegelbild geworden. Schließlich kommt der zweite Schweizer Profi, Granit Xhaka, aus der deutschsprachigen Wirtschaftsmetropole Basel, die Weltoffenheit in der Mitte mit den Schönheiten ländlicher Wanderregionen jenseits der Stadtgrenzen verbindet. Hier, am Oberlauf des Rheins, darf in Europas größtem schiffbaren Binnengewässer sogar immer noch gebadet werden, die Baseler werben ausdrücklich mit diesem Vorzug. Sie könnten auch protzen mit ihren chicen Einkaufsstraßen, ebenso mit dem attraktiven Nachtleben oder ihrer potenten Pharmaindustrie. Aber vor allem sind sie stolz auf die Vielfalt, die sich in ihrem Land entwickeln konnte. Und die hat mit höchst unterschiedlichen kulturellen Einflüssen genauso zu tun wie mit der schlichten geographischen Abgrenzung, die durch Berge, Täler und Flussläufe entsteht.
Nur 8,1 Millionen Eidgenossen versammeln sich unter der roten Flagge mit dem weißen Kreuz, gut zehn Millionen weniger als im deutschen Bundesland NRW. Aber sie haben eine ganz eigene Form von demokratischer Bürgernähe herausgebildet, leisten sich die Vielfalt der Sprachen ebenso wie die Neutralität gegenüber allen politischen Bündnissen – und sind mit Uniform und Karabiner in jedem Kleiderschrank zugleich wehrhafter als alle europäischen Nachbarn. Manche sagen: Sie sind in ihrer Unabhängigkeit auch wohlhabender.
Kulinarische Entdeckungen
Kein Wunder also, dass der dritte Schweizer im Mönchengladbacher Borussen-Bundesligisten, Torhüter Yann Sommer, als Repräsentant der französisch sprechenden Schweiz verstanden werden kann. Er kommt aus der Region Morges, gelegen im äußersten Südwesten, begrenzt durch den Genfer See und die Höhen des Jura. Hier im milden Klima des Südens wirbt die Region Morges ausdrücklich „mit tausend Überraschungen“. Dazu gehört manch kulinarische Überraschung bei den Gastro-
nomen, außerdem im Juli und August der erdgasbetriebene ‚Weinbergzug‘, in dem sich Besucher jeden Donnerstag durch die schönsten Weinregionen schaukeln lassen können. Einmal auf den Geschmack gekommen, empfiehlt sich die Verkostung der regionalen Produktion, die gleich 20 Winzer im ‚Paket‘ anbieten. Und die Metropolen Genf und Lausanne lassen sich gut erreichen.

Aber die Schweiz ist doch teuer? Gemessen an den ‚Schnäppchenpreisen‘ manch anderer südlicher Urlaubsländer stimmt das sicherlich. Und weil der Franken gegenüber dem Euro so standfest seinen Kurs hochhält, sind grundlegende Veränderungen an dieser Lage auch nicht zu erwarten. Immerhin aber haben die eidgenössischen Tourismusmanager im vergangenen Jahr auf schrumpfende Besucherzahlen aus den Nachbarländern reagiert und zwei neue Programme aufgelegt, damit neue Gästeschichten die unglaubliche Vielfalt dieses Landes erleben können, wenigstens zu maßvollen Preisen.
Wohin der Weg auch führt …
Nummer eins ist die ‚Grand Tour of Switzerland‘, ein Angebot für Autofahrer. Auch dieses Programm legt Wert darauf, dass alle vier Sprachregionen durchkreuzt werden auf der 1.600 Kilometer langen Rundreise für Selbstfahrer. Fünf Alpenpässe und 22 Seen werden dabei angesteuert. Und für alle, die das Land lieber per Bahn erleben möchten, gibt es nun die ‚Grand Train Tour‘. Die kann man mit dem ‚Swiss Travel Pass‘ zum Pauschalpreis antreten, dabei sind fast alle Zugverbindungen zu nutzen. Auch freier Eintritt in 47 Museen ist inklusive. Erhältlich ist der Pass für 171 bis 529 Euro, je nach Aufenthaltsdauer und Zug-Klasse. Er kann an der Grenze erworben werden, ebenso schon vorab bei der Bahn in Deutschland. Luzern, Zermatt, Montreux – alles ist möglich. Natürlich auch der Besuch in der Heimat der drei Fußball-Borussen aus der Schweiz. Und vergessen Sie dabei zur inneren Beruhigung nicht den guten alten Werbespruch: „Es war schon immer etwas teurer, einen guten Geschmack zu haben.“
Peter Lamprecht
www.myswitzerland.com
www.swisstravelsystem.com