Meine Freunde belächelten mich ein wenig, als ich ihnen von meinem Plan erzählte, mit dem Bus nach Sizilien zu fahren. Mit dem Flieger wäre das wohl bequemer. Vielleicht hatten sie ja Recht. Aber die Erfahrung hat mir  gezeigt, dass mein Plan gut war.
Ich fand mich mit einer Schar Gleichgesinnter in einem sehr komfortablen Bus.
Zwei Tage später waren wir in Neapel. Ich konnte kaum glauben, dass die Zeit so schnell vergehen konnte. Die Stunden flogen nur so dahin, während unser Reiseleiter uns in längst vergangene Zeiten entführte.
Er erklärte uns, dass Sizilien das Amerika der Antike war. Wir erlebten geradezu mit, wie griechische Siedler ihre Heimat verlassen mussten, weil es dort nicht mehr genug Nahrung für die ganze Bevölkerung gab. Sie bauten neue Städte, die schöner und größer angelegt waren als in der Enge der alten Heimat.
Von den eigentlichen Städten ist heute leider nicht mehr viel erhalten. Doch die letzten Zeitzeugen, vorwiegend riesige Tempelanlagen, verschlugen uns den Atem.
Im süditalienischen Paestum sahen wir die ersten. Große Teile wurden von Erdbeben zerstört.
So konnten wir förmlich die unglaublichen Bauteile, die Säulentrommeln, die Querbalken, die steinernen Schmuckformen berühren. Zum Teil aber standen auch noch Tempelbauten, die von den Baumeistern so solide gefügt waren, dass die Zeit sie nicht gestürzt, sondern nur verwittert hatte.
Neben den Tempeln waren es die Theater, die mich in ihren Bann zogen. In Segesta, oberhalb des riesigen Tempels, wurde ein offenes Theaterrund in den Hang des Berges geschlagen. Gut erhalten ist es noch heute ein Beispiel für das architektonische Geschick der Griechen. Es war spannend zu sehen, welch perfekte Akustik das Bauwerk hat.  Unser Reiseleiter trug die ‚Bürgschaft‘ von Schiller vor.
Obwohl er ohne Mikrofon unten im Bühnenrund stand, konnten wir ihn überall auf den Rängen deutlich verstehen.
Die Insel kam dann unter den Einfluss der Römer, deren Baukunst der der Griechen in nichts nachstand.
Wir besuchten die ‚Villa Romana del Casale‘, die Villa  eines römischen Statthalters. Bei den Ausgrabungen wurden riesige Badebereiche mit traumschönen Mosaiken zutage gebracht. Bilder aus vielen Tausend Marmorsteinchen erzählen in herrlichen Farben von Jagden, Festen, Helden und Göttern.

Zur Zeit des deutschen Kaisers Friedrich II. aus dem Geschlecht der Staufer, der als Straßenjunge in Palermo seine Jugend verbrachte, kam eine neue Blütezeit über die Insel. Stumm vor Staunen standen wir im Stauferpalast in der ‚Capella Palatina‘ in Palermo. Prachtvolle Mosaiken in glänzenden Farben und Gold schmücken Fußböden und Wände.
Im Kloster von Monreale erzählten über sechstausend Quadratmeter herrlichsten Mosaiks die Geschichten der Bibel und des Glaubens. Wir wussten fast nicht, wohin wir  schauen sollten. Und dann erklang plötzlich das ‚Ave verum‘ von Mozart. In einer Kapelle fand während unseres Besuchs eine Trauung statt. Waren wir bis dahin andächtig gefangen von der Pracht der Bilder, so überwältigte uns nun für einige Augenblicke die Stimmung.
Von den Kathedralen hat mich am meisten die von Cefalu beeindruckt. Die Schönheit dieser romanischen Basilika mit ihren klaren Linien, den harmonischen Bögen, dem hohen Mittelschiff und dem byzantinischen Mosaik in der Apsis kann man kaum in Worte fassen.
Wunderbar auch die Fahrten durch die wechselnden Landschaften. Schroffe Gebirge, blühende Talauen, lockende Küstenstriche. Erquickend die Mittagspausen, mal in kleinen Dorftavernen, mal in den Städten, mal mit Fischspezialitäten am Strand. Jeder Tag schlug eine neue Seite im Bilderbogen der Reise auf.
Ein Kaleidoskop von Bildern.
Als wir am 12. Tag dann von Catania nach Hause flogen, fühlten wir uns alle reich beschenkt. Wenn ich heute Mitreisende treffe, sehe ich immer wieder diesen typischen Glanz in ihren Augen: „Weißt du noch…?“ ­
Und jeder fördert noch etwas aus der Erinnerung ans Licht.

2011 // Sizilien – Magna Graecia
Bilderbogen Europäischer Kultur & Geschichte

11 Tage // 20.04. – 30.04.2011
Bus-Flugreise
Reiseleitung: Volker Gumpert


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