Kunst unter freiem Himmel gehört in Mönchengladbach zum Stadtbild. Hinter dem Museum Abteiberg öffnete im Mai 2002 der Skulpturenpark, auf Kapuzinerplatz und Sandradstraße sind Werke von Heinz Mack zu sehen, auf den Straßen fallen die gelben Quadrate von Vaago Weilands Installation ‚Bodenaustausch‘ auf, im Bunten Garten und rund um Schloss Wickrath säumen Kunstwerke die Wege. Pionier der Open-Air-Präsentationen war der Düsseldorfer Sammler Karl Heinrich Müller. Er machte das Museum Insel Hombroich möglich, eines der zehn ungewöhnlichsten Museen weltweit.

Schon von frühester Jugend an sammelte Karl Heinrich Müller (1936 – 2007) Kunst aus aller Welt. In mehr als 50 Jahren kamen Werke von Künstlern wie Rembrandt, Yves Klein, Lovis Corinth und Henri Matisse zusammen. Auch eine der bedeutendsten Samm- lungen von Arbeiten des Künstlers Kurt Schwitters hat Müller im Laufe seines Lebens zusammengetragen. Dazu kommen archäo- logische Objekte aus China, Afrika, Peru und Kambodscha. Um all diese Kostbarkeiten der Ö entlichkeit zugänglich zu machen, hat der Düsseldorfer Kunstmäzen zusammen mit dem Bildhauer Erwin Heerich und dem Maler Gotthard Graubner seine revolutionäre Vorstellung eines Museums Ende der 1980er Jahre umgesetzt.
Denn im Museum Insel Hombroich betritt man nicht ein Gebäude, in dem man Raum für Raum durch die Kunsthistorie wandert. Das Museum mit seinen zehn Pavillons, die sich in die Landschaft ein- fügen, ist ein Gesamtkunstwerk, in dem viele andere Kunstwerke zu entdecken sind. Alles ist o en, die Übergänge von der Natur in die Ausstellungsräume und wieder in die Natur sind fließend. Weil die Räume ausschließlich von Tageslicht erhellt werden, ändert sich die Wirkung der ausgestellten Kunst mit dem Lichteinfall. Gleiches gilt für die Landschaft außerhalb der Ausstellungspavillons. Jetzt im Herbst können die Besucher Nebelschleier über den Auen erleben, die von der Sonne langsam aufgelöst werden. Die Blätter zeigen ihr farbenfreudiges Wechselspiel.

Einen Lebensraum für P anzen, Tiere und Menschen wollte Müller mit diesem ungewöhnlichen Museum scha en. Der Bildhauer Anatol hat hier immer noch sein Atelier, seine Wächter aus Eisen sind die einzigen ‚Aufsichtspersonen‘. Denn die Abwesenheit von Aufsichtspersonal gehört genauso zum Konzept wie die Abwe- senheit von Erklärschildern zu den Werken. Einzig einen Plan bekommen die Besucher am Eingang in die Hand. So können sie sich unvoreingenommen auf die Werke einlassen.
Das ungewöhnliche Konzept spricht viele unterschiedliche Interessengruppen an: Architekturliebhaber genauso wie Natur- freunde und Kunst-Fans. Die Pavillons sind begehbare Skulpturen. Die Landschaft, die wie wild gewachsen aussieht, wird von Gärtnern ganz behutsam gepflegt. Wildgänse fühlen sich hier wohl, Eisvögel wurden schon gesichtet und im Park steht eine Sumpfzypresse aus dem Jahr 1814. Die Besucher erleben Kunst nicht nur auf einer intellektuellen Ebene, sondern spüren wie die schöpferische Kraft der Natur mit der des Menschen in der Kunst verschmilzt.

Garnet Manecke