Aarhus und Paphos – nicht nur das Klima unterscheidet Europas Kulturhauptstädte 2017.

Da müssen sich die Besucher gewiss warm anziehen, wenn im winterlichen Aarhus, Dänemarks zweitgrößter Stadt mit 315.000 Einwohnern, am 21. Januar das Programm der ‚Kulturhauptstadt Europas 2017‘ eröffnet wird. Am südlichsten Ende Europas hingegen werden zur gleichen Zeit mindestens frühlingshafte 15 Grad Celsius – plus 15 Grad! – erwartet: Paphos, mit 33.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt der Mittelmeerinsel Zypern, hat vorwiegend Freiluft-Ereignisse in sein Kulturhauptstadt-Programm aufgenommen. Es beginnt am 28./29. Januar mit Musik, Tanz und Theater.

Nicht nur klimatisch liegen diese beiden Kulturhauptstädte Europas in unterschiedlichen Regionen. Auch in der Konzeption unterscheidet sich Zyperns erste Kulturhauptstadt deutlich von ihrem Konterpart im kühlen Norden. Die Zyprer vertrauen auf die Zugkraft großer Namen und erhabener Geschichtserinnerungen bei ihren vorwiegend unter freiem Himmel geplanten Kulturereignissen.

Aarhus

Die Dänen weisen schon mit ihrem Motto vorwiegend in eine andere Richtung: ‚Let’s rethink‘ lautet die Überschrift für alle vier Großevents, zwölf Veranstaltungen ‚unter Vollmond‘ und 350 Einzelprojekte. Das gemeinschaftliche Nachdenken soll Kreativität wecken, um nachhaltige Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen hervorzubringen. Aber nicht nur das: Zugleich geht es den Kulturmachern in Aarhus um „eine Reise durch Dänemarks unvergleichlichen Kulturreichtum“, und das zeitgleich in den 18 Gemeinden des Umlandes.

Zu den Höhepunkten des dänischen Kulturjahres unter der Schirmherrschaft von Königin Margarethe II. gehört eine monumentale Theateraufführung. Das Königlich Dänische Theater zeigt das Epos ‚Rote Schlange‘. Es verweist auf My
then und Sagen der Wikinger und wird auf dem grasbewachsenen Dach des Moesgaard-Museums und den Dächern der Nachbargebäude aufgeführt.

Den Sommer beherrscht dann ein gigantisches Kunstprojekt unter dem Titel ‚Der Garten‘: Von der Innenstadt bis zum Ostseestrand erstreckt sich dabei über vier Kilometer eine Darstellung der Veränderungen, die sich über die letzten 400 Jahre im Verhältnis des Menschen zur Natur zugetragen haben. Das Kunstmuseum ARoS gestaltet diese einmalige Installation.

‚Tree of Codes‘ ist der Titel eines Buches von Jonathan Safran Froer. Es stand Pate bei der gleichnamigen Ballett-Inszenierung, die nun in Aarhus vom Pariser Opernballett und der Company Wayne McGregor gemeinsam aufgeführt wird – ein Kunstwerk, geschaffen vom dänischen Maler Olafur Eliasson, dem britischen Choreografen Wayne Mc Gregor und dem Musiker Jamie XX.

Paphos

Irgendwo in der Mitte der Programme treffen sich die Konzepte der Kulturhauptstädter wieder. Denn auch Paphos greift, wie Aarhus, tief in die Schatzkiste seiner reichen Geschichte, um drei gegenwärtige und zukünftige Kulturthemen zu propagieren: ‚Myth & Religion‘, ‚World Travellers‘ und ‚Stages of the Future‘.

Alle drei Themen sind in Paphos gegenwärtig: Mythen und Religion aus der Vergangenheit sind lebendig in römischen Mosaiken und antiken Ruinen. Seit 1980 ist die archäologische Ausgrabungsstätte Kato Paphos als Unesco-Weltkulturerbe geadelt. Zugleich ist Paphos eines der gesuchtesten Bade- und Tourismuszentren auf Zypern. Und die Bühnen der Zukunft? Dazu gehören nach dem Abend des 1. Juli sicherlich die Gebäude rund um den
Hafen: Sie werden beim großen Kulturhauptstadt-Fest an diesem Abend mit Meeresfeuer und Lichtshows illuminiert. Zuvor schon kommen am 1. Mai die Berliner Philharmoniker, um Paphos als Bühne für ihr jährliches Europakonzert zu nutzen. Und ein weiterer Weltstar mit deutscher Herkunft lockt im Mai Kenner auf die Insel. Es ist Deutschlands erste Musical-Queen Ute Lemper, die inzwischen längst das Fach der großen Lieder quer durch die Kulturen perfekt beherrscht. ‚One Touch of Venus and Others‘ lautet der Titel ihrer großen Show.

Aarhus mit seinem abwechslungsreichen Programm an Jütlands Ostseeküste und Paphos mit großen Namen unter der Sonne Zyperns haben sich gute Voraussetzungen geschaffen, um Menschen aus ganz Europa zum Reisen zu inspirieren. Vielleicht lockt auch Sie eine Begegnung mit Europäern von heute vor dem Hintergrund großer Kulturgeschichte und spannender Zukunftsaufgaben?

Peter Lamprecht