Wenn Borussia spielt, ist in Mönchengladbach immer auch ein bisschen Karneval – und wenn Karneval ist, ist in Mönchengladbach immer auch ein bisschen Borussia mit dabei. Geschichten von zweien, die nicht ohneeinander können.

Im Wickrather Kunstwerk findet seit 15 Jahren Borussias Karnevalssitzung statt. Hier geben sich die Bläck Fööss und die Rabaue, die Räuber und Bernd Stelter die Klinke in die Hand und sorgen dafür, dass selbst die hartgesottenen VfL-Fans Fünfe gerade sein lassen und „Blootwoosch, Kölsch un en lecker Mädsche“ besingen. Aus den sonst so rivalisierenden schwarz-weiß-grünen Borussen und den rot-weißen Kölnern wird auf schunkelnde Weise also eine bunte Masse. Eigentlich. Denn die ‚Höhner‘ haben aber leider schlechte Erfahrungen gemacht und kommen nicht mehr: Einige nahmen es der rheinischen Band krumm, dass sie nach einem Auftritt bei der Borussia-Sitzung Schals mit der Raute überreicht bekamen – und sich diese dann auch noch um den Hals legten. Offenbar hat der als tolerant geltende Karneval für manchen Kölner Fan Grenzen – leider!

Noch vor ein paar Jahren waren Borussias Spieler ebenfalls zu Gast im ‚Kunstwerk‘, zumindest für ein Stündchen und auf ein Altbier oder ein Pils. Schade, dass das nicht mehr der Fall ist – denn der ehemalige Kult-Torwart Kasey Keller als Zombie, Mittelfeldspieler Ivo Ulich als Ente oder Mönch Eugen Polanski waren echte Hingucker. Und so ist die VfL-Führungsriege um Präsident Rolf Königs, der die Veranstaltung gerne mal als Zirkusdirektor er.ff net, meist einziger wirklich prominenter Hingucker. Aus dem Präsidium erweist sich ‚Vize‘ Rainer Bonhof seit Jahren besonders jeck und tauchte schon als Che Guevara oder Hippie auf.

Natürlich spielt Borussia bei jedem Veilchendienstagszug in der Stadt eine gewichtige Rolle. Einerseits mit dem eigenen Wagen, der in den vergangenen Jahren von den Handballern und der Frauen- und Mädchenfußball-Abteilung begleitet wurde und auf dem es für die Menschen am Rand allerhand kleine Borussia- Fanartikel zu fangen gibt. Andererseits nehmen auch zahlreiche Wagen Borussia als Thema auf. So rasierte vor zwei Jahren vor den Europa League-Spielen gegen den FC Sevilla ein Borussia-Fan auf einem Mottowagen einen spanischen Barbier.

Der Prinz kütt

1962 ist ein besonderes Jahr im Leben des Helmut Grashoff : Erst wird er Karnevalsprinz von Mönchengladbach – und am Ende der Session überredet, bei Borussia als Vizepräsident zu kandidieren. Von wegen: Am Aschermittwoch ist alles vorbei… Fünf Jahre später ist Borussias Mannschaftsarzt und Schatzmeister Alfred Gerhards Mönchengladbachs Prinz und 1986 folgt ihm der jahrzehntelange Stadionsprecher Rolf Göttel, die legend.re ‚Stimme vom Bökelberg‘.

In Mönchengladbachs Kneipen könnte es an Altweiber noch ein wenig wilder werden als sonst: Denn um 21.05 Uhr wird Borussias Europa League-Rückspiel beim AC Florenz angepfiffen. Mit tausenden Fohlenfans in Italien – aber auch Zehntausenden, die die Partie kostümiert in der Altstadt verfolgen.

Wie hei.t es so sch.n im Neunziger-Jahre-Hit der Nordkurve? „Wir brauchen keinen Karneval – Borussia feiert überall!“ Und dennoch zelebrieren die Fans besonders gerne am närrischen Wochenende ihre Heimspiele. Nicht nur, weil sie dann traditionell beim Einzug des Prinzenpaares ins Stadion zur Melodie des ‚Trömmelsche‘ schmettern: „Kölle steigt ab.“ Sondern auch, weil der Ball an Karneval so locker über den Platz rollt wie eine Polonaise durch den Festsaal. So gab es mal ein 6:1 gegen Aachen, vor zwei Jahren das legend.re 1:0 gegen den 1. FC Köln und in der vergangenen Saison ein jeckes 5:1 gegen Werder Bremen. Und dieses Jahr? Spielt man leider auswärts, sonntags beim FC Ingolstadt.

mle