Ferien und Wein – das sind zwei, die sich besonders gut vertragen. Überall in den
Weinanbaugebieten Europas ist jetzt die Zeit der Weinlese und der Weinfeste angebrochen – also auch eine besonders gute Gelegenheit, in einigen der schönsten Regionen unseres Kontinents ein paar entspannte Tage zu verbringen. Tagsüber Wandern oder Radeln, Kulturschätze oder Shoppingmeilen erkunden und danach mit den Winzern die Ernte begießen, das klingt doch wie eine gute Mischung. Zumal überall schon vorab über eine ganz besondere Sonnen-Qualität des Jahrgangs 2018, also über einen möglichen Jahrhundert-Wein, spekuliert wird.

In Deutschlands Weinbergen herrscht deshalb längst Feierlaune, ob in der Pfalz oder am Rhein, an der Mosel, der Saar oder in Sachsens Rebenkulturen. Zwar ist Deutschland nicht größter aller Weinproduzenten, doch beim Feiern liegt man vorn. Denn das größte Weinfest der Welt wird in Bad Dürkheim gefeiert. Es ist der Dürkheimer Wurstmarkt mit neun Tagen und neun Nächten – er findet vom 7. bis 11. September und vom 14. bis 17. September statt. Schausteller und Gastronomen machen dort Überstunden, im Mittelpunkt aber stehen etwa 300 prämierte Weine und Sekte, die an Schubkarchständen, im Weindorf und in den Festzelten ausgeschenkt werden.

Wo immer sonst deutscher Wein gekeltert wird – auch alle anderen feiern auf ihre Weise den Beginn der Saison. So das Zeller Federweißerfest an der Mosel, wo zwischen dem 5. und 7. Oktober die Gläser rund um den Schwarze-Katz-Brunnen klingen, begleitet vom Duft des Zwiebelkuchens und unterstützt von regionalen Stimmungsbands. Ähnliches gilt auch in ganz Europa.

Italien

In Südtirol etwa. Im September und Oktober ist dort die Luft wieder klar, vorbei die schwülen Hochsommertage. Mittags wird es dennoch gern um die 20 bis 25 Grad. Die Äpfel sind reif und eben auch die Trauben. Das ist die Saison der Törggele-Keller. Überall auf den Wanderwegen durch die Berge haben sie geöffnet und locken zu deftiger Brotzeit mit gebratenen Kastanien und frischem, kühlem Wein. Und rundum die Weinfeste, ganz vorn dabei die Kalterer Weintage am 6. und 7. September. Auf dem Marktplatz von Kaltern dominiert die Farbe ‚Weinrot‘. Und die Weinbauern stehen an bunten Ständen Rede und Antwort, wissen Geschichten über die Lese und die Qualität ihrer Produkte zu erzählen.

Auch in den Tagen danach darf gefeiert werden, wenn ein buntes Unterhaltungsprogramm hilft, aus dem einen oder anderen Weinfreund einen Kunden zu machen. Gegen Saisonende dann, Ende Oktober, lädt Dorf Tirol zum alljährlichen Weinfest ein. Es wird entlang des Dorf Tiroler Schlosswegs gefeiert mit ‚Tanzlmusik‘, Schmalzgebäck und Speck-Vinschgerl.

Etwas weiter südlich lockt die Toskana zwischen Florenz und Siena mit tiefrotem Chianti Classico oder Brunello und all den Genüssen der heimischen Cucina in unvergleichlichem Ambiente. So in Greve beim alljährlichen Chianti Classico Weinfest vom 6. bis 9. September, oder beim Boccaccesca Wine and Food Festival in Certaldo, wo namhafte Sommeliers zwischen dem 5. und dem
7. Oktober nur darauf warten, Gäste in die Geheimnisse des neuen Jahrgangs einzuweihen. Etwas weiter nördlich, am Gardasee, möchte auch der Bardolino gefeiert werden. Nicht zu vergessen also die Festa dell’Uva e del Vino, das 89. Weinfest an der Uferpromenade von Bardolino, die diesmal vom 4. bis 8. Oktober steigt.

Spanien

Weltweit verbreitet tiefroter Rioja den guten Ruf spanischer Weine. Er wächst im Norden auf mehr als 43.000 Hektar Fläche und reift in Eichenfässern. Natürlich wird die Ernte jedes neuen Jahrgangs rund um die wichtigen Bodegas angemessen gefeiert. So um den Tag von San Mateo, der in der Rioja-Metropole Logroño ganz besonders zelebriert wird. Rund um den 21. September tragen Hunderte Kinder die Traubenernte ihrer Familien symbolisch aus den Weinbergen in den Park Paseo del Espolon. Dort wartet ein überdimensionales Weinfass, in das die Trauben gekippt werden. Über die ganze Woche wird ab dem 20. September hier das
Rioja-Weinfest gefeiert – rund um den Ort, mit Sportwettbewerben, Konzerten und natürlich gastronomischen Highlights. Auch alle übrigen Weinregionen Spaniens locken alljährlich mit Festen zur Weinernte – viele allerdings beginnen damit schon im Hochsommer. Wichtige Herbsttermine sind in Jerez de la Frontera und Villabuena de Álava um den 15. September und in Rueda, Valladolid, vom 11. bis 13. Oktober.

Ungarn

Alte Weintradition und ein großer Name: Tokajer heißt der starke, süße Dessert-Wein, der seit dem 13. Jahrhundert in Ungarn angebaut und gekeltert wird. Das Weingebiet rund um die Stadt Tokaj im Nordosten des Landes umfasst gut 6.000 Hektar Rebfläche und ist Teil des UNESCO-Welterbes. Besonders sehenswert: die engen, labyrinthisch gebauten Weinkeller im Vulkanstein. Natürlich feiert die Region im September ausgiebig. Aber auch die Hauptstadt Budapest lässt den Wein hochleben – und zwar vom 6. bis
9. September.

Frankreich

Ein besonderes Herbst-Ereignis im Mutterland erstklassiger Weine hat schließlich Paris zu bieten. Vom 10. bis 14. Oktober startet das berühmte Weinlesefestival in Montmartre. Dort, wo die weiße Basilika Sacré-Cœur alles überragt, standen in früheren Zeiten auch Weinreben. Davon blieb lediglich ein Weinberg erhalten, der Clos Montmartre. Aber seit dieses Weingut Mitte der 1930er Jahre gegründet wurde, hat sich hier eines der beliebtesten Weinlese-Feste etablieren können – Erntedank rund um den Wein an fünf Tagen voller Lebensfreude. Eine halbe Million Besucher strömt alljährlich zu diesem Ereignis in die Hauptstadt der Franzosen.

Peter Lamprecht