... dahinter verbirgt sich ein Reiseland, dessen Vielfalt immer wieder erstaunt. Jetzt ist die Zeit, zu entdecken, wo außerhalb der viel gefragten Metropolen Stadtschönheiten und Landschaften in der Weite der Regionen unerwartet reizvolle Akzente setzen. Wir nehmen Sie mit auf eine Rundreise, die von Stade und dem größten zusammenhängenden Obstanbaugebiet Europas im Alten Land über Warendorf und das Wander- und Radlerparadies Münsterland weiter in das romantische Rothenburg ob der Tauber und bis nach Konstanz ins Drei-Länder-Kulturgebiet am Bodensee führt.

Altes Land und Stade

Oktober im Alten Land – die niedersächsische Obstregion am Elbufer südlich von Hamburg hat es in sich. Wanderer klettern gern auf die Elbdeiche, von deren erhöhter Position aus sich die landwirtschaftlich genutzte Umgebung erstklassig überblicken lässt: Obstanbau, so weit das Auge recht. Jetzt im Oktober werden auf den Höfen die letzten Äpfel geerntet, verpackt und vermarktet. Es ist die hohe Zeit, frischen Apfelmost zu kosten, und auf etlichen Höfen sind Eltern und ihre Kinder herzlich willkommen, das traditionelle Obst der Region selbst zu ernten. Besonders reizvoll: Die insgesamt acht überdimensionalen Apfelkisten, die quer durch die Obstregion aufgestellt sind und in denen man über eine Ton-
anlage spannende Geschichten aus dem Alten Land hören, sich dabei zugleich auf Tafeln weiter informieren kann.

Herbstzeit – da lässt es sich auch fantastisch boßeln – jene niedersächsische Spielart, eine Kugel vor sich her zu schieben, um am Ende des Wettbewerbs bei Grünkohl mit Pinkel, Bier und Korn Sieg wie Niederlage gleichermaßen zu feiern. Stade bietet das am besten erhaltene mittelalterliche Stadtbild in dieser Region, eine alte Hafen- und Hansestadt, deren Zentrum mit dem einstigen Hansehafen, der alten Stadtwaage oder dem Schwedenspeicher von einstigem Reichtum Zeugnis ablegt.

Münsterland mit Warendorf

Ein Stück weiter südlich machen wir einen Zwischenstopp im fruchtbaren, sattgrünen Münsterland. Warendorf, einen Steinwurf von der Westfalenmetropole Münster entfernt, grüßt mit einem Pferdedenkmal. Es erinnert an die Wunderstute ‚Halla‘, die 1958 bei den Olympischen Sommerspielen in Stockholm den – kürzlich verstorbenen – schwer verletzten Springreiter Hans-Günther Winkler über alle Hindernisse zur Goldmedaille trug. Warendorf ist Deutschlands Pferdehauptstadt, Standort des Landgestüts, das Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. 1826 einrichten ließ.

Pferde und Reiter gehören zum Landschaftsbild des Münsterlandes, ebenso aber auch die Erinnerung an mittelalterlichen Reichtum, wie er sich im historischen Stadtbild Warendorfs spiegelt. Der Markt-Ort gehörte zur Städtehanse. Das münsterländische Umland wird geprägt durch seine Fülle an prächtigen Wasserschlössern ebenso wie durch seine opulenten Rad- und Wanderwege. Als Premium-Radweg ausgezeichnet ist beispielsweise die 100-Schlösser-Route, Königin unter Deutschlands Radelstrecken. Sie führt durch Wiesen und Weiden und verbindet mehr als 100 Schlösser, Burgen, Herrensitze und Gutshöfe. Die gesamte Route ist in vier nach den Himmelsrichtungen bezeichnete Rundkurse unterteilt.

Ein ganz anderes Umfeld hat der EmsRadweg zu bieten, der über 375 Kilometer vom Fuß des Teutoburger Waldes aus nahezu steigungsfrei an Flussufern durchs Münsterland führt. Einer der schönsten und kulturell reizvollsten Streckenabschnitte liegt zwischen Warendorf, Telgte, Münster und Rheine, einer der am meisten befahrenen Abschnitte ist der zwischen Lingen, Papenburg und Emden.

Romantische Straße bei Rothenburg

ob der Tauber

Verwunschen, beinahe wie eine Disney-Filmkulisse – und wohl gerade deshalb weltweit eine der bekanntesten deutschen
Städte – so wirkt das unverfälscht mittelalterliche Stadtbild von Rothenburg ob der Tauber, Zentrum der ‚Romantischen Straße‘. Jetzt im Herbst ist der Blick auf die sorgsam gehütete Altstadt besonders schön. Hier lohnt sich ein Ausflug ins Kriminalmuseum, ins Reichsstadtmuseum und ins Handwerkerhaus. Und wenn es Sie ins ganzjährig geöffnete opulente Weihnachtsmuseum des Unternehmens Käthe Wohlfahrt zieht, sollten Sie auf eine Überraschung gefasst sein: Hier werden Sie auch von lächelnden Fachkräften im Dirndl begrüßt, die ihre Herkunft aus dem fernen Asien keineswegs verstecken wollen – eine Verbeugung vor den zahlreichen Besuchern aus Japan, China und Umgebung.

Konstanz am Bodensee

Und schließlich Konstanz: Das Seeufer ist wie geschaffen für Nachmittage im Herbst, der in dieser vom Klima bevorzugten Gegend wirklich oft ‚golden‘ genannt werden darf. Österreich und die Schweiz sind nahe, und die Stadt des vor 600 Jahren abgehaltenen Konstanzer Konzils, bis heute prall gefüllt mit historischen und kulturellen Schätzen, bietet zugleich eine Fülle ‚junger‘ Attraktionen. Jazz beispielsweise hat hier einen festen Platz im musikalischen Veranstaltungskalender eingenommen. Auch eine Fahrt zur Blumeninsel Mainau ist immer wieder ein Erlebnis, vor allem, wenn sich Park und Schlossanlage zu Festivitäten herausputzen – wie zum Gräflichen Schlossfest Mainau, das noch bis zum 8. Oktober stattfindet. Und apropos Schifffahrten: In regelmäßigen Abständen stechen die ‚Genuss-Schiffe‘ zu hochprozentigen Themen wie Gin- oder Whisky-Tastings in See. Natürlich nicht zu vergessen: Auch ganz ohne Programmzettel ist Konstanz jede Reise wert. So laden mehr als 400 Fachgeschäfte und zahlreiche Cafés, Restaurants und Gaststätten in der malerischen Altstadt zum Verweilen ein, und auch Freunde des Shoppings im Maxi-Format kommen hier auf ihre Kosten: Das Konstanzer ‚Lago‘ wird als größtes
Shopping Center am Bodensee bezeichnet.

Wir haben offensichtlich nicht zu viel versprochen: Es lohnt sich, einen herbstlichen Kurzurlaub zwischen Stade und Konstanz einzulegen.                                                                                

Peter Lamprecht