2019 wird das Jubiläum ‚100 Jahre Bauhaus‘ gefeiert. Heute ist meistens der gerade und schnörkellose Baustil gemeint, wenn davon die Rede ist. Doch das Bauhaus war eigentlich eine Hochschule in Weimar, an der interdisziplinär gearbeitet wurde. Die Studenten sollten lernen, Handwerk, Kunst und Architektur auf ganz neue Weise zu verbinden und dabei auch neue Materialien zu verwenden.
Die Villa V in Viersen ist ein Beispiel für diese neue Art des Bauens.

Beim Bauhaus ging es nicht um eine bestimmte Stilrichtung, sondern darum, Kunst und Architektur neu zu denken, Neues auszuprobieren. Die Hochschule, die 1919 in Weimar gegründet wurde und an der bekannte Architekten wie Mies van der Rohe und Walter Gropius lehrten, entstand als Teil der Bewegung ‚Neues Bauen‘, die sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg formte. Eine neue Sachlichkeit zog in die Architektur ein: Gerade Linien, keine Schnörkel wie Stuckleisten, die Funktionalität rückte in den Fokus, Licht und Raum spielten eine zentrale Rolle.

Das charakterisiert auch die Villa V in Viersen. 2011 übernahm Gerda-Marie Voß die Villa am Viersener Stadtgarten, die 1928 von Bernhard Pfau für den Unternehmer Walter Kaiser und seine Familie entworfen wurde. Der Raum hat Voß sofort fasziniert. Wer zur Tür reinkommt, dessen Blick hat eine freie Sicht durch die Diele, die offen stehende Milchglastür, durch das Wohnzimmer in den Garten. „Ich finde Räume spannend“, sagt Voß. Schon als Kind hat die Innenarchitektin Räume faszinierend gefunden. Mit großen Kartons hat sie selbst welche gestaltet.

Später hat sie die Gestaltung von Räumen zu ihrem Beruf gemacht. Zusammen mit ihren Auftraggebern hat sie den Raum erforscht, sich mit seiner Funktion und seiner Geschichte befasst. „Ich habe mich immer dagegen gewehrt, nur Dekoration zu machen“, sagt sie. Auch bei ihrem Projekt Villa V hat sie sich intensiv mit der Geschichte des Hauses und mit dem Architekten Bernhard
Pfau auseinandergesetzt. Haus und Garten sind von Pfau konzipiert worden und stehen unter Denkmalschutz. „Der Raum hört nicht beim Fenster auf“, sagt Voß. „Hier ist auch der Garten mitgedacht. Man schaut durch den Raum und denkt, dass der Blick bei einer Skulptur im Garten enden müsste und schon ist der Garten ein Teil des Raumes.“

Diese interdisziplinäre Sichtweise spiegelt sich auch im Konzept des Hauses wider. Denn die Villa V war von Anfang an als Raum für Kunst und Architektur gedacht, in dem sich Künstler und Kunstliebhaber treffen. Hier sollte es Raum für Besprechungen und Seminare, aber auch für Feiern in privater Atmosphäre geben. Sogar zwei Zimmer für Übernachtungsgäste hat Gerda-Marie Voß eingerichtet. „Von Anfang an sollte das Haus nicht für mich alleine sein“, sagt sie. In Haus und Garten präsentiert sie wechselnd Künstler und deren unterschiedlichen Positionen zum Thema Raum. Schon von der Straße bekommt man einen ersten Eindruck davon: Die Arbeit ‚Gabbia di Aria‘ von Eva Weinert ragt über die rote Backsteinmauer hinaus.

Das Bauhaus-Jubiläumsjahr wird in der Villa V mit mehreren Veranstaltungen gefeiert. Am 31. März findet die Vernissage zur Ausstellung ‚Das Haus‘ im Werk von Georg Ettl statt. Am 18. Mai ist das Ensemble The Current Dance Collective zu Gast. Zum dritten Mal werden sich die Tänzer mit dem Raum auseinandersetzen. Auch zum Tag des offenen Denkmals am 8. September wird die Villa V ihre Türen öffnen. Dann wird die Künstlerin Eva Koethen mit Arbeiten zum Thema ‘Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur‘ zu Gast sein.

Garnet Manecke