Frank Rose

Wer in der letzten Zeit der Versuchung erlegen ist, einen Film oder auch nur ein Musikstück illegal aus dem Internet zu laden, läuft derzeit Gefahr, alsbald Post von einer dieser bekannten Abmahnpraxen zu erhalten, die neben einer Unterlassungserklärung Schadensersatz im vierstelligen Eurobereich verlangen. Da die Forderungen dieser Praxen weit über den legal überhaupt zulässigen Bereich hinausgehen, ist es an der Zeit, über die wahre Rechtslage zu informieren:
Das Laden eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist grundsätzlich einmal illegal und in § 106 UrhG unter Strafe gestellt. Unter den Begriff ‚Werk‘ fällt so ungefähr alles, was man hören und/oder sehen kann, nach neuester Rechtsprechung sogar Ausschnitte aus Pornofilmen. Dennoch ist es in den letzten Jahren fast nie zu strafrechtlichen Verurteilungen gekommen.
Dies liegt nicht nur daran, dass die Masse der Strafanzeigen die Ermittlungsbehörden schlichtweg personell überfordert, es liegt an einem ganz einfachen Rechtsproblem. Strafrechtlich muss man nicht nur nachweisen, dass die Datei illegal geladen wurde, man muss auch nachweisen, wer es getan hat. Dies kann nicht gelingen, wenn der Anschlussinhaber schlicht von seinem Recht Gebrauch macht, die Aussage zu verweigern.
Zivilrechtlich gilt etwas anderes. Der Anschlussinhaber haftet dem Urheber gegenüber als sogenannter Störer. Und damit muss er dem Urheberrechtsinhaber dessen Anwaltskosten für eine Abmahnung erstatten und sich verpflichten, es zu unterlassen, in Zukunft dieses konkrete Werk nochmals zu laden oder anzubieten (wie es bei Tauschbörsen in der Regel automatisch geschieht). Schadensersatzansprüche werden in der Regel auch gestellt, sind aber bislang bei Privatnutzern nie realisiert worden, da ein Schaden nicht nachweisbar ist.
Unangenehm sind die Anwaltskosten. Die Kollegen aus den einschlägigen Anwaltspraxen fixieren den Gegenstandswert sehr hoch. Da sich die Anwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert richten, können diese dann schnell einen vierstelligen Bereich erreichen. Hier ist der Gesetzgeber eingeschritten und diese Maßnahme wird von den Abmahnkanzleien zurzeit schlichtweg verschwiegen bzw. ignoriert.
Der Gesetzgeber nahm die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG in das Gesetz auf, welche lautet: „Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro“. Damit sollte den gewerbsmäßigen Abmahnpraxen der finanzielle Anreiz für deren Tätigkeit schlichtweg genommen werden. Um allerdings mit diesen 100 € und somit mit einem blauen Auge davonzukommen, muss man einiges beachten:
Man muss die Unterlassungserklärung abgeben, auf keinen Fall aber diejenige, die dem Abmahnschreiben beigefügt ist. Ohne die richtige Erklärung läuft man Gefahr, auf Unterlassen verklagt zu werden und dann entfällt das 100-€-Privileg. Diese Erklärung lässt man am besten durch eine spezialisierte Praxis formulieren – dies ist in der Regel nicht allzu teuer und dann hundertprozentig sicher.
Anschließend kann man es auch noch darauf ankommen lassen, ob die Kollegen den v.g. Betrag wirklich einklagen. In den recht zahlreichen von uns bearbeiteten Fällen ist dies zumindest bislang nicht geschehen. Unser Eindruck ist vielmehr, dass diese Praxen und die Urheber manch dubioser Werke nur von denjenigen leben, die freiwillig zahlen oder sich auf einen Vergleich über mehr als 100 € einlassen.
Rechtsanwalt Frank Rose
Sozietät Rickenbach & Noll