Vor einiger Zeit trafen wir uns mit ein paar Freunden zu einem Waldspaziergang, der sein Ziel in der Molzmühle fand. Die Luft war feucht, denn es hatte – wie so oft in diesem Jahr – vorher geregnet, und der Wald versprühte einen besonderen Duft nach frischem Grün und modrigem Waldboden. Die Schwalm rauschte an der Mühle vorbei und ließ uns verharren. Die Kinder warfen Steine hinein und erfreuten sich an dem Geplätscher, bis wir es kaum erwarten konnten, zum Essen einzukehren, weil es mittlerweile kalt und ungemütlich wurde. Im Mühlenrestaurant bekamen wir einen Tisch am brennenden Kamin und genossen bei einem köstlichen Essen und gutem Wein einen entspannten, langen Abend in einer wunderbaren Atmosphäre.
Eine Atmosphäre, die Emotionen weckt und die wir gern auf unser Zuhause übertragen würden. Warum empfinden wir in einem Moment wie diesem ein Gefühl des Glücks? Weil all die beschriebenen Eindrücke ein positives Signal an unsere Sinne versenden. Lassen Sie sich überraschen, von der Wirkungsweise, die ich Ihnen gern ein wenig näher bringen möchte und sensibilisieren, Ihr Wohnumfeld mit allen Sinnen bewusst wahrzunehmen.
Ich erfahre immer wieder, dass sich Überlegungen für einen Umbau oder eine Einrichtungsplanung lediglich auf visuelle Eindrücke beschränken. Um auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden eingehen zu können, bedarf es einer ganzheitlichen Sichtweise. Bei Ihrer Raumplanung sollten Sie daher im Vorfeld klären, wofür der entstehende Raum genutzt werden soll, und wer ihn bewohnen wird.
Beginnen Sie bei der Auswahl des Bodens, ist Sensibilität gefragt. Sind Sie zuhause gern barfuß unterwegs, sollte es ein natürlicher Bodenbelag werden. So, wie man gern den Seesand am Strand unter den Füßen spürt, können wir z. B. ein gewachstes oder geöltes Parkett in seiner Natürlichkeit wahrnehmen. Wir fühlen die Haptik der Holzoberfläche, hören den Klang unserer Schritte und spüren die Schwingungen, die wir beim Betreten auslösen.
Auch die gefühlte Raumtemperatur können wir über einen gezielten Farb- und Materialeinsatz beeinflussen. Entscheiden wir uns für Rot-, Braun und Gelbtöne, wird unser Raum warm erscheinen. Mit Weiß und kühlen Blautönen wirkt er kälter. Allein mit der Materialauswahl lässt sich ein gefühlter Temperatur-Unterschied von bis zu 3 °C erzielen. Glatte Oberflächen aus Glas oder Metall kühlen. Holz, Kork oder natürliche Textilien schaffen ein behagliches Raumklima.
Großzügige Räume mit hohen Decken empfinden wir als angenehm, da sie frei wie der Himmel über uns schweben. Denken Sie nur an einen großzügigen Jahrhundertwendebau mit seinen enormen Raumhöhen. Betrete ich dagegen einen Raum, in dem noch eine dunkle Holzdecke aus den 70er Jahren hängt, habe ich das Gefühl, sie könnte mich erdrücken. Räumliche Großzügigkeit löst unser Wohlempfinden aus, soweit sie sich nicht in Offenheit verliert.
Auch Akustik nehmen wir mit unseren Sinnen wahr – unangenehme Geräusche oft nur im Unterbewusstsein. Allein aus diesem Grund sollten Sie nicht auf textile, schallschluckende Materialien verzichten.
Fenster haben unterschiedliche Wirkungen. Sehr große Fenster können bei Tageslicht einen schönen Ausblick bieten, abends sind sie dunkle Löcher ins Ungewisse, und ängstliche Menschen empfinden Unsicherheit. Um im Gleichgewicht zu bleiben – und das meine ich genau so – spielt ebenso eine ausgewogene Anordnung der Möbel eine wichtige Rolle.
Es sind nicht die modern aufeinander abgestimmten Möbel und der neueste Flat-Screen, die uns glücklich machen. In unserer Küche haben wir eine Macke in einem gemauerten Pfeiler, gegen den unser damals 7-jähriger Sohn mit seinen Inlinern gesaust ist, als er uns ein Kunststück zeigen wollte. Heute ist er 18 und das fehlende Mauerwerk eine Erinnerung.
Es ist die Patina, die das tägliche Leben hinterlässt und unsere Sinne berührt.

Ihre
Katrin Hoppen