Neuerdings ist es ein wenig still geworden in der Ecke der bisher so angesehenen Computerexperten in unserem Bekanntenkreis. Irgendwie ist nichts mehr so, wie es mal war.
Hat man einen von diesen neuen, schicken Windows-PCs der jüngsten Generation gekauft, will einem keiner der früher bereitwilligen Hobby-ITler mehr helfen, wenn plötzlich die Programme streiken. Keiner der vermeintlichen Retter zieht einfach eine CD aus dem Regal, die eine ‚Sicherheitskopie‘ des gesuchten Programmes enthält. Die Angesprochenen zucken lediglich mit den Schultern und murmeln so etwas wie: „Muss man halt kaufen.“
Kaufen? Leicht gesagt, aber was, wenn die vermissten Programme solch teure Nobelapplikationen wie beispielsweise Photoshop, Acrobat, Quark, Nero, Ghost oder die ebenfalls nicht billige Microsoft Office-Suite sind?!
Bevor Sie jetzt den scheinbaren Fehlkauf genervt aus dem Fenster zu werfen gedenken, wagen Sie doch ein gedankliches Experiment (und wenn Sie mir folgen wollen, nehmen Sie bereits an einem interessanten Abenteuer teil…). Stellen Sie sich zunächst die Frage, wie viel vom gebotenen Funktionsumfang Ihrer Lieblingswerkzeuge Sie wirklich benötigen. Wollen Sie vierfarbig ausdrucken? Möchten Sie Ihre Urlaubsfotos in mehreren übereinander liegenden Ebenen bearbeiten? Arbeiten Sie mit Excel und müssen Makros schreiben?
Ist das geklärt, versetzen Sie sich kurz in die Vergangenheit: Können Sie sich noch an Ihren ersten Computer erinnern? Wissen Sie noch, mit welcher Geduld Sie davor gesessen haben, um herauszufinden, wie beispielsweise eine Tabellenkalkulation überhaupt funktioniert?
Ein wenig von jener Begeisterung für Innovationen, gepaart mit einem Quäntchen Geduld, wünsche ich mir häufig zurück, wenn bei unseren Kunden in manchen Situationen nicht alles sofort blind klappt. Das ist aber jetzt eine andere Baustelle…
Um unsere Leser zu ermutigen, die ausgetretenen Pfade auch mal zu verlassen, möchte ich Ihnen ein paar ausgereifte Programme ans Herz legen, die sämtlich kostenlos und gleichzeitig werbefrei sind. Warum? Ganz einfach, weil der Ansatz zu deren Entstehung ein ganz anderer als üblich ist. Der sogenannte ‚Open Source‘-Ansatz beinhaltet eine gemeinschaftliche Entwicklung von Anwendersoftware, frei nach dem Motto: Je mehr Beteiligte daran arbeiten, umso besser das Ergebnis. Ein hochinteressantes Konzept, das zwischen geistigem Eigentum und Werkzeug trennt und das obendrein noch so viele begabte Köche im Brei rühren lässt wie nur möglich.
 
Bevor Sie sich aber auf die abenteuerliche und kostenneutrale Reise in das Wunderland der `Freien Quellen´ begeben, bringen Sie etwas Zeit für die neuen Programme mit. Es sind keine Eins zu Eins Kopien Ihrer bisherigen Lieblinge, sie haben eine ganz eigene Geschichte. Das bisschen Mühe ist es in den meisten Fällen wert.
Hier ein paar Beispiele:
Für fotografische Schätze lohnt es sich Irfanview auszuprobieren (www.irfanview.com) – einfach in der Handhabung, mit schicken zusätzlichen Funktionen, die das Sortieren von Bildern vereinfachen. Für diejenigen, die die volle Funktions­packung bei der Bildbearbeitung brauchen, empfiehlt sich das PhotoShop-Pendant gimp (www.gimp.org). Übrigens, ich muss ehrlich zugeben, ich weiß immer noch nicht, was gimp alles kann, aber ich habe viele Wünsche und bin bislang nicht enttäuscht worden. Für Musikfans, die ihre Audiodateien verwalten, ist das äußerst leistungsfähige Audacity bestens geeignet ­(audacity.sourceforge.net).
Auch am Arbeitsplatz sind die freien Programme nützlich. So lassen sich beispielsweise pdf-Dateien mit FreePDF (www.freepdfxp.de) erstellen. Diese clevere Anwendung beherrscht hohe Auflösungen sowie Kopiersperren von Text, und sie verschlüsselt und fügt Dokumente zusammen.
Anstelle von MS Office versuchen Sie es mal mit OpenOffice (de.openoffice.org). Mit ein paar kleinen Einstellungen speichert OpenOffice durchgängig in Microsoft-Formaten. Es hat auch keine Schwierigkeiten mit den neuen Formaten .docx oder .xlsx.
Für die Ersteller von eigenem Druckwerk wie Broschüren oder Plakaten gehören kommerzielle Programme seit jeher zum Teuersten, was der Handel anbietet. Wenn Sie nicht hauptberuflich damit arbeiten, lohnt sich eine Testinstallation von Scribus (www.scribus.net).
Zum Brennen von CDs eignet sich bestens CDBurnerXP (allerdings eben nicht nur für XP, unter www.cdburnerxp.se). Das Programm erzeugt im Gegensatz zu den mitgelieferten Tools des Rechners auch ISO-Formate, das spart am Ende des Tages eine Menge Plastik. Und damit Ihre Konfiguration auch zuverlässig erhalten bleibt, empfehle ich ab und zu ein Systemabbild mit Clonezilla (www.clonezilla.org) zu brennen. Gehen Sie lieber auf Nummer sicher.   Philipp Dawo