Ruhe statt Lärm

‚Im November steht das Urbano Magazin ganz unter dem Motto Genuss.‘ Selbstverständlich wollte auch ich meinen Artikel diesem Thema widmen. Ich überlegte eine Weile. Zu ‚Genuss‘ fiel mir so einiges ein, unter anderem Champagnertrüffel von Heinemann. Nur suchen die sich ihren Platz vorzugsweise auf meinen Hüften und passen nicht in einen ‚Schöner-Wohnen-Artikel‘.
So war ich ein wenig ratlos, bis ich ein paar Tage später ein klassisches Konzert besuchte. Spannendes Programm, exzellente Musiker, wunderbares Ambiente und eine brillante Akustik ließen diesen Abend zu einem wahren Genuss werden. Und schon war die Idee für dieses Thema geboren.
Raumakustik nehmen wir oft erst wahr, wenn sie stört und damit ein schlechtes Raumgefühl vermittelt. Bei Renovierungsarbeiten und selbst beim Neubau wird die Raumakustik leider häufig vernachlässigt. Die moderne Bauweise der großen, offenen, quaderförmigen Wohnräume ist ebenfalls von Nachteil, zumal diese gern mit schallharten Oberflächen, wie Glas, Mauerwerk, Parkett oder Steinböden ausgestattet werden.
Diese Materialien können die Schallwellen nicht aufnehmen und werfen sie zurück in den Raum. Hier prallen sie wie ein Squashball von der Wand zum Boden und wieder zur Decke, können nicht gebremst und nicht geschluckt werden. Schon mit dem Einsatz textiler Gestaltungselemente können Sie Abhilfe schaffen, die Nachhallzeit der Schallwellen reduzieren und die Raumakustik auf ein angenehmes Niveau bringen. Das können ein flauschiger Teppich, weiche Polster und Kissen oder Vorhänge für die Fenster sein.
Ich habe selbst einmal in einem Restaurant die Tisch- und Stuhlunterseiten mit Filz beklebt, textile Bilder an die Wände gehängt und damit die Akustik und das Raumgefühl verbessert. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, können schicke frei hängende Deckensegel und absorbierende Wand- oder Deckenverkleidungen Abhilfe schaffen.
Ebenso kann ein unsachgemäß verlegter Boden zu Schallübertragungen führen. Verzichten Sie keinesfalls auf Trittschallmatten, die heute selbst unter Fliesen geklebt werden können. Bei der Bodenverlegung ist es besonders wichtig, dass es keine Verbindung – und das gilt schon für den Estrich – zu den angrenzenden Wänden gibt. Damit wird vermieden, dass Schallwellen übertragen werden.
Die größte Lärmbelästigung – das hat das Umweltbundesamt bei einer Lärmumfrage herausgefunden – erfahren wir durch Straßenverkehr. Angeblich fühlt sich jeder zweite der 70.000 Befragten dadurch gestört. Darum sollte sich das Schlafzimmer – wenn möglich – auf der ruhigsten Seite des Hauses oder an der lärm-ärmsten Wand der Wohnung befinden.
Sollten Sie die Fenster austauschen, achten Sie unbedingt auf eine gute Qualität. Oft ist eine Zweifachverglasung ausreichend, wenn die Gläser unterschiedlich dick sind. Wichtig ist ebenso ein fachgerechter Einbau der Fenster. Ist der Rollladenkasten nicht richtig gedämmt, nützen auch die besten Fenster nichts.
Ein häufig anzutreffendes Problem ist die Übertragung von Trittschall auf Treppenstufen, der über die Wand zum Nachbarn erfolgt und diesen meist nicht erfreut. Handelt es sich bei der Treppe um eine Metallkonstruktion mit aufgeschraubten Holzstufen, helfen Unterlegringe aus Filz, die zwischen die Stufe und die Metallkonstruktion gelegt werden.
Ich habe Sie bewusst mit dem Wirrwarr aus technischen Fachausdrücken, Messmethoden oder Normen verschont. Außerdem wird die Lautstärke eines Geräusches oft subjektiv empfunden. Auch die Situation, in der wir uns gerade befinden, spielt eine große Rolle. Stellen Sie sich an dieser Stelle das Klavier übende Nachbarkind vor. Geht es Ihnen gut und scheint draußen die Sonne, freuen Sie sich über seine Ausdauer und den Fortschritt beim Spielen. Hatten Sie aber einen schlechten Tag und sind gestresst, nervt Sie dieser ‚Lärm‘.
PS: Nachdem mein wie ein Atomkraftwerk brummender Laptop seinen Geist aufgegeben hatte, brauchte ich einen neuen. Diesen habe ich dann nach gutem Design, Farbe und Geräusch ausgesucht. Den Verkäufer brachten meine Wünsche zum Schmunzeln. Egal, dafür ist es jetzt eine große Freude, damit zu arbeiten. Und da nun die Tastatur nicht mehr klappert, fällt mir ein: Nichts spricht gegen das knisternde Geräusch einer Packung Champagnertrüffel.
Genießen Sie den goldenen Herbst!

 
 
 
 
Ihre
Katrin Hoppen