Und? Wie läuft´s an im neuen Jahr? Schon viele von den guten Vorsätzen umgesetzt oder etwa schon aufgegeben – quasi resigniert? Oder haben Sie sich selbst ergeben, so mit weißem Fähnchen und so?
„Nächstes Jahr esse ich abends kein Brot mehr, geh dreimal pro Woche Joggen und werd, statt den Fernseher einzuschalten, viel öfter ein Buch in die Hand nehmen.“ Ausgerechnet hat just auf dem Nachhauseweg ein Backshop neu eröffnet mit einem sensationell köstlichen Steinofenbrot. Zum Joggen ist es für diese Jahreszeit noch zu dunkel und außerdem liegen so viele Äste auf den Waldwegen – man will sich ja nicht den Hals brechen…
Und wegen dem Buch, tja – durch das neue Home Entertainment mit seinen 80 Sendern in HD-Qualität schlafe ich meist schon nach der zweiten Zapp-Runde ein. Und das einzige Buch, das ich zur Hand nehme, ist allenfalls das Handbuch (Owner´s Manual) vom neuen Digital Receiver. Laut 60-seitiger Programmzeitschrift wäre gestern als ultimativer Action-Unterhaltungstipp Bruce Willis ‚Die Hart XII‘ in der unplugged Direktors-Cut-Version gelaufen, manno!
Was soll´s? Hauptsache, man fühlt sich wohl und findet seinen persönlichen Weg, mit dem schlechten Gewissen gut umzugehen. Sind wir nicht alle ein bisschen wie Politiker und halten unsere Wahl-Versprechen uns selbst gegenüber nur bedingt? Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? „Mit dem Rauchen aufhören?! Ich?! Sooo hab ich das nie gesagt! Drei bis vier Zigaretten pro Tag weniger, o. k. – aber nur in den Monaten, die nicht auf ‚r‘ enden, nicht bei zunehmendem Mond und erst recht nicht bei Westwind. Außerdem soll Joggen im Winter gar nicht so gut sein für die Gelenke…“
Machen wir uns doch nichts vor: Solange wir nur uns selbst betuppen und niemand anderen in Mitleidenschaft ziehen, ist doch alles in Butter. Übrigens: für mich als bekennenden Nichtraucher (seit Geburt) hat in diesem Zusammenhang das Wort ‚Mitleidenschaft‘ eine völlig neue Bedeutung. Soll´n sie doch alle Joggen, Walken, Hiken und Stretchen wann, wo und wie oft sie wollen, Hauptsache, sie laufen nicht vor sich selber fort oder sind gar auf der Flucht.
Wie sagte schon Goethe: Erlaubt ist, was gefällt. Wenn ich an Heilig Drei Könige grillen will – na und. In wiktionary liest man hierzu: Wenn etwas breiten Anklang findet, dürfen auch übliche Regeln und Konventionen missachtet werden – man hat die Freiheit, zu tun, was einem Spaß macht.
Curryfarbene Cordhose – why not? Ist doch meine Sache! Rotwein zu hellem Fisch? Ich darf doch bitten! Ob ich mir ein bedrucktes Datums-Alu-Plättchen an der Armbanduhr befestige oder ein Netzhemd trage – mir doch egal! Wer seinen fair gehandelten Kaffee nur im Ethnopulli trinken will – lass ihn doch. Von ’ner Tussi im lachsfarbenen Ralf Lauren Shirt mit Mallorca Perlen im Ohr lass ich mir nicht vorschreiben, was gerade en vogue ist. Wer will schon aussehen wie Karl Lagerfeld – ihm scheint’s ja zu gefallen.
Unser von mir geschätzter Altbundeskanzler Helmut Kohl sagte mal auf einer Pressekonferenz: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Und genauso ist das mit den guten Vorsätzen. Hauptsache, man kann eine positive Bilanz für sich selber ziehen. Wenn man den inneren Schweinhund nur an die kurze Kette legt, wird der auf Dauer nämlich aggro. Wer alles zum K… findet, sieht am Ende auch so aus. Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert, nicht mit schlechten (George Bernard Shaw).
Man muss mit guten Vorsätzen nicht unbedingt immer an Neujahr anfangen. Man kann auch montags oder mittwochs abends loslegen, auch in den Monaten, die auf ‚r‘ enden und auf jeden Fall bei Westwind.
Viel Spaß im neuen Jahr und einen hohen Wirkungsgrad wünscht Ihnen
Gregor Kelzenberg