Die Medien berichten darüber, dass Bürger zur Geltendmachung ihrer Ansprüche aus den vielfältigsten Lebensbereichen zur Führung eines Zivilprozesses geradezu gezwungen werden. Den jeweiligen Mandanten war jedoch regelmäßig mitzuteilen, dass die ihnen hierfür entstandenen Aufwendungen keine steuerliche Berücksichtigung finden. Die jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 12.5.2011 trägt diesem Umstand verstärkt Rechnung.

Bisher wurden Prozesskosten nur dann als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt, wenn die zugrunde liegenden Prozesse für den Steuerpflichtigen einen existenziell wichtigen Bereich des Lebens berührten.
Da der Steuerpflichtige trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sei, den Zivilprozess zu führen, wurden diese nicht berücksichtigt.
Mit dem o.a. Urteil kommt der BFH zu der Erkenntnis, dass die Staatsbürger zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten auf den Rechtsweg verwiesen werden. Infolgedessen erwachsen dem Steuerpflichtigen die Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des jeweiligen Zivilrechtsstreits zwangsläufig.
Der BFH stellt in seiner höchstrichterlichen Entscheidung folgende Grundsätze auf: Die Zivilprozesskosten sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Erfolgsaussicht bietet und nicht mutwillig ist, berücksichtigungsfähig. Eine hinreichende Erfolgsaussicht wird unterstellt, wenn der Erfolg mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg.
Die Kosten sind insoweit absetzbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Der Umfang der berücksichtigungsfähigen Prozesskosten umfasst Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, außergerichtliche Gebühren, Gebühren für den Gerichtsvollzieher, die Reisekosten der Beteiligten sowie die Entschädigung für ihr Zeitversäumnis. Leistungen aus einer bestehenden etwaigen Rechtsschutzversicherung sind entsprechend gegenzurechnen.
Es ist daher bei allen noch offenen Veranlagungen durch den Steuerpflichtigen zu prüfen, ob entstandene Zivilprozesskosten nachträglich steuerliche Berücksichtigung finden können. Zumindest aber sollten die entstandenen Kosten aus Zivilprozessen in allen zukünftigen Einkommensteuererklärungen angesetzt werden.
Dipl.-Betriebswirt Klaus Viehbacher
Steuerberater bei Rickenbach & Partner, StBG