Jean Jacques trifft Baby Bok Choy.
Nun, da wir es spüren, dass sich Mönchengladbach im Aufwind befindet, stelle ich ebenfalls fest, dass sich auch in der Restaurantszene etwas bewegt.
Vorbei ist die Zeit der gutbürgerlichen Küche, die haben wir ja lange genug genießen können.
Es ist Zeit für Erneuerung, neue Ideen, neue Geschmacksrichtungen.
Vor allem ein gewisses Maß an ‚kreuz und quer Kochen‘ ist in Mönchengladbach angekommen.
Ein Glück.
Im letzten Jahr habe ich das Restaurant Weinkirch schon mehrmals ausgiebig besucht. Seit geraumer Zeit gibt hier ein neuer Küchenchef den Ton an – und was für einen.
Klar, hat er doch sein Handwerk nicht in Mönchengladbach gelernt. Nein, da muss man schon hinaus in die große weite Welt.
Die Qualität hat hier einen deutlichen Schub bekommen. Phantasievolle Kompositionen mit außergewöhnlichen Zutaten, die schon leicht experimentell zu bezeichnen sind, schmücken die übersichtliche Speisenkarte des Lokals. Es gibt nicht viel zu lesen auf der Speisenkarte, dafür umso mehr auf der Weinkarte, die sehr deutsch geprägt ist.
Das ist für mich sehr erfreulich, denn gerade die deutschen Weine sind immer besser geworden und überraschen mit feinen Nuancierungen.
So eröffnen wir den Abend mit einem Glas Riesling Sekt.
Die Franzosen lieben ihren Champagner, ich liebe den deutschen Sekt, der schmeckt mir einfach immer öfter gut und ist vollkommen unkompliziert zu genießen.
Übrigens, die Atmosphäre hier im Weinkirch ist ungezwungen, der Service jung und sehr freundlich. Auf dem Tisch finden wir Olivenöl, Balsamico, grobes Meersalz und gestoßenen schwarzen Pfeffer, das erwärmte leckere Brot dazu macht Appetit auf mehr.
Als Vorspeise erlaube ich mir das Pastinakensüppchen, und meine Begleitung schwärmt für Tuna Tataki. Pastinaken sind so ähnlich wie die Petersilienwurzel oder Rettich, ein würziges Gemüse, das bis zu 40 cm lang werden kann. Die sämige Suppe wird in einem großen Teller serviert, in der Mitte schwimmt ein Fagottini mit einer Füllung von der Chorizo. Dieses frittierte Teigbeutelchen mit der kräftigen Paprikawurstfüllung ist ein wunderbarer Kontrast zum sahnigen Geschmack der Pastinakensuppe.
Der ausgesuchte Riesling von der Saar ‚Weingut Piedmont‘ – die Vorfahren kamen angeblich mit Napoleon ins Land – ist mit seiner leicht moussierenden Art und einem Hauch von Säure ein angenehmer Begleiter.
Der Knaller ist allerdings Tuna Tataki, natürlich nur für die, die rohen Fisch mögen. Ich gehöre dazu. Meine Begleitung hat mir freundlicherweise ein Häppchen übrig gelassen. Die Komposition auf dem Teller erinnerte mich spontan an Stonehenge.
 

„Hier nun sehe ich zum ersten Mal
in meinem Leben Baby Bok Choy.“

 
Die mit Sesam garnierten rohen Fischscheiben thronen auf den Kohlrabi Pickles wie eben dieses Steingebilde in England.
Die Kohlrabi wurden sauer eingelegt, so wie wir die Pickles als Mixed Pickles kennen und die Wasabi-Mayonnaise rundet dieses japanisch anmutende Gericht in Vollendung ab.
Ein  Donnerwetter auf der Zunge.
Die Hauptspeisen lassen wir durch einen Blanc de Noir begleiten. Das ist ein Weißwein, der aus roten Trauben gekeltert wird.
Ein blauer Spätburgunder vom Weingut Apel.
Knackig trocken, aber im zweiten Schluck mit einem fruchtigen Abgang, und wir glauben, dass er zu unseren Hauptgerichten gut passen wird.
Ich habe mir den Zander auf Wirsinggemüse bestellt. Gekrönt mit Espuma vom Speck.
Naja, um sicher zu sein, musste ich nochmal nachlesen.
Espuma ist spanisch und bedeutet Schaum.
Dieser wird mittels CO2 oder Lachgas in einer Siphonflasche hergestellt.
Dieses Nichts von Speckschaum auf dem Zanderfilet hat einen Geschmack, dass einem die Haare hochstehen könnten.
So viel Speck in so wenig Schaum. Wahnsinn.
Der Zander ist gut gewürzt und schön angebraten, jedoch ein wenig zu lange in der Pfanne gewesen und dadurch ein winziges Maß zu trocken geworden. Das gleicht der mit Speckstückchen durchsetzte Wirsing leicht wieder aus.
Als zweite Hauptspeise wird das Lamm im Tortilla-Brotteig serviert. Eine perfekt arrangierte Speise mit einem rosa gebratenen Lamm wie aus dem Bilderbuch.
Hier nun sehe ich zum ersten Mal in meinem Leben Baby Bok Choy. Nein, kein Kind aus China, aber eine Art Chinakohl. Mit seinem leicht süßlichen Geschmack ist das Gemüse sehr angenehm auf der Zunge, obwohl es Senföl enthält.
Dem sagt man eine keimtötende Wirkung nach. Das Gemüse ist reich an Kalzium und Kalium sowie Carotin und natürlich viel Vitamin C. Also gesund. Hier dient es nun als Stütze der auf dem Teller hochkant aufgerichteten und schräg aufgeschnittenen ­Lammfilets im Teigmantel.
Wie schon gesagt, perfekt arrangiert und sicherlich außergewöhnlich in der Zusammenstellung.
Mir persönlich hat es gut geschmeckt, als ich es probiert habe, allerdings stellten wir übereinstimmend fest,
dass der Teigmantel besser nicht mit dem zarten Lamm zusammen gegessen werden sollte.
Der Brotteig ist zum Garen bestimmt gut und auch sehr vorteilhaft in der Präsentation, aber unter dem Strich für das Lamm nachher zu trocken.
Nun gut, dafür haben wir ja ausreichend Wein auf dem Tisch, und damit können wir die letzten Brotkrümel einfach weg spülen. Das hat richtig Spaß gemacht.
Aber, wir sind ja nicht zum Spaß hier, deswegen müssen wir uns zusammenreißen, denn auch das Dessert möchte zeigen, was es kann.
Hier entscheiden wir uns einmal für die Käseauswahl, die ich jetzt mit einem spanischen Rotwein paaren möchte, und meine Begleitung wünscht sich die Manjari Schokotarte mit hausgemachtem Mandelkrokanteis. Leider reicht mein Platz nicht mehr aus, um es zu beschreiben. Sie müssen es selbst probieren.
Also bis dann, vielleicht begegnen Sie ja auch Baby Bok Choy.
Ihr LeckerSchmecker Jean Jacques
Weinkirch Restaurant-Bistro
Lehwaldstraße 27-29 // MG-Rheydt
Fon 02166.136403
www.weinkirch.de