Lauscht man der veröffentlichten Meinung in diesen Wochen, scheint ein Leben ohne Cloud nur noch für Hinterwäldler oder ewig Gestrige möglich zu sein. Es wirkt wie der Aufbruch nach Westen im Amerika des 19. Jahrhunderts. Wer jetzt nicht mitmacht, ist der Verlierer von morgen.
Aber was steht eigentlich hinter den ganzen markigen Sprüchen und Versprechen?
Zunächst einmal eine kleine Begriffserläuterung. Im Unternehmensbereich versteht man unter ‚Cloud‘ hauptsächlich die Auslagerung von Serverdiensten aus dem eigenen Unternehmen zu spezialisierten Dienstleistern. Vor allem in Unternehmen mit mehreren Filialen können unter entsprechenden Rahmenbedingungen Kostenvorteile erarbeitet werden. Zusätzlich eröffnen sich weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit trotz räumlicher Trennung.
Im privaten Alltag reden wir in der Hauptsache über das Bereitstellen von Daten über das Internet. Des Weiteren kommen zunehmend Anwendungen zum Einsatz, die nicht mehr auf dem eigentlichen Gerät vor Ort installiert sind, sondern wie die Daten online zur Verfügung stehen. Der Schritt ist nur konsequent. Daten und Anwendung auf einer Ebene – erst dann kann ich ohne lästiges Hin- und Herladen meine Daten bearbeiten. Weiterer Vorteil: Meine Möglichkeit, mit ihnen zu arbeiten, wird ortsunabhängig.
Preisfrage: Wo ist der Haken?
Richtig! Ich befinde mich völlig in der Hand desjenigen, der meine Daten speichert. Außerdem ist erträgliches Arbeiten nur mit entsprechender Leitungsqualität möglich. Kein Arbeiten offline.
Da kommt mir ein verwegener Gedanke: Ich locke erstmal möglichst viele mit preiswerten oder kostenlosen Angeboten auf meine Server. Sind alle ausreichend abhängig, weil die Konkurrenz aus dem Weg geräumt wurde, ziehe ich langsam die Preise an. Ein Schelm, wer denkt, dass die Nutzerdaten da keine Rolle spielen. Jüngster Schritt in dieser Weise: Facebook erlaubt sich durch einseitige Änderungen der Verträge weitere Freiheiten bei der Nutzung der Mitgliederdaten.
Jetzt kann noch jeder zum Abschluss über Folgendes nachdenken:
Im Sommer soll Facebook für angestrebte 100 Milliarden Dollar an die Börse gehen. Das Geld kommt bestimmt von Leuten, die einen demokratischen Auftrag verspüren und uns kostenlos einen Onlinemarktplatz zur Verfügung stellen wollen. Und morgen können Schweine fliegen…
Achim Schroers