Es pfeift, zischt, rauscht oder summt. Etwa acht Millionen Menschen in Deutschland kennen die Geräusche im Ohr. Die meisten leiden nicht darunter, bei vielen treten sie auf und gehen von alleine auch wieder weg. Aber etwa zwei Millionen Menschen leiden unter den Symptomen des Tinnitus. Es gibt Betroffene, die die Ohrgeräusche mit einer solchen Intensität wahrnehmen, dass sie in ihrem Leben so stark beeinträchtigt sind, dass sie sogar arbeitsunfähig werden. „Dann beginnt oft eine Tortur auf dem Weg zur Lösung“, weiß Nicole Meyer, Inhaberin von Hörgeräte Meyer.

Nicole Meyer bei der Durchführung einer Tinnitusanalyse

Unter Tinnitus versteht man alle Geräusche im Kopf, die nur der Betroffene selber hört. Die möglichen Ursachen sind vielfältig: Eine erhöhte Geräuschempfindlichkeit (Hyperakusis), ein Hörsturz, Stress, ein Trauma durch einen lauten Knall, eine Ohrfeige, aber auch Fehlstellungen der Halswirbelsäule oder im Zahn-Kiefer-Bereich können Grund für den Tinnitus sein. „Deshalb sollte bei der Suche nach der Ursache interdisziplinär gearbeitet werden“, rät Nicole Meyer.
Mithilfe eines Audiogramms und einer umfangreichen Anamnese kann die Hörgeräte-Akustikerin Fehlfunktionen im Ohr erkennen, die dann vom Arzt abgeklärt werden müssen. Um anderen möglichen Ursachen auf die Spur zu kommen, sollten neben dem Ohrenarzt nacheinander auch der Zahnarzt, der Kieferorthopäde, der Orthopäde und der Psychologe einbezogen werden. Wird man hier fündig, kann eine gezielte Behandlung der Ursache erfolgen, in deren Verlauf die lästigen Ohrgeräusche von selbst aufhören.
Aber nicht immer gelingt es, die Ursache des Tinnitus zu ermitteln. In diesen Fällen sucht die Expertin mit dem Patienten Wege, um mit den Ohrgeräuschen leben zu können. „Ein wirksames Mittel gegen chronischen Tinnitus gibt es derzeit weder in der traditionellen noch in der alternativen Medizin“, sagt die Hörgeräte-Akustiker-Meisterin, die zurzeit noch eine Zusatzausbildung zur Audio-Therapeutin macht. Als alternative Methode gilt derzeit das Tinnitus-Retraining. Hier arbeiten Hörgeräte-Akustiker, Ohrenarzt und Psychologe eng zusammen. Der Patient lernt so, den Ohrgeräuschen keine Beachtung zu schenken und sie zu überhören.
Das kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass der Tinnitus durch ein anderes, als angenehm empfundenes Geräusch überdeckt wird. „Dabei ist er immer noch da, aber der Kontrast zu den Umgebungsgeräuschen wird verringert“, erklärt Nicole Meyer. Auch Entspannungsübungen können lindernd wirken.
Ab wann bei einem Tinnitus Handlungsbedarf besteht, hängt vom Empfinden des Patienten ab. „Wenn er ihn als störend empfindet, muss etwas getan werden“, sagt die Expertin. Dabei ist das individuell ganz unterschiedlich. „Ein psychisch labiler Mensch kann ein Geräusch, das drei Mal in der Woche für je eine Stunde da ist, für unerträglich halten. Ein anderer hört dauerhaft ein Geräusch und ihn stört das überhaupt nicht.“

Garnet Manecke
 
 
Hilfe und Informationen erhalten Betroffene auch bei der Selbsthilfeorganisation ‚Deutsche Tinnitus Liga e.V.‘ und Therapiezentren, die sich auf die verschiedenen Behandlungsmethoden spezialisiert haben – in der Region zum Beispiel in Düsseldorf und Krefeld. Die Kosten für die nötigen Maßnahmen, bei denen Patienten den Umgang mit dem Tinnitus lernen, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen. Die Hilfsorganisationen unterstützen, entsprechende Anträge zur Kostenübernahme zu stellen.   
www.tinnitus-liga.de