Wenn ich mir bei Mc Donalds einen Hamburger bestelle, kommt grundsätzlich die Frage, ob es denn auch ein Getränk dazu sein darf. Kaufe ich mir ein Paar Schuhe, versucht mir die nette Fachverkäuferin mit Sicherheit, noch ein Pflege- und Imprägnierspray aufzudrängen. Zum Hemd möchte man mir eine Krawatte andrehen (die ich sowieso nicht anziehe) und beim Fahrradhändler lässt die Frage des engagierten Verkäufers nach einem soliden Schloss, einem kleinen Tacho und dem praktischen Körbchen für den Lenker nicht lange auf sich warten.
Hätte ich zu meinem neuen Louis Vuitton Ko er ein passendes Portemonnaie im gleichen Muster gewollt, hätte ich das schon von selbst gesagt. Muss man mir denn immer noch etwas dazu aufschwatzen? Sind denn alle Verkäufer im Einzelhandel auf den Spuren des klassischen Autoverkäufers unterwegs, der einem zum ausgesuchten Grundmodell unter Garantie noch das Sportpaket, das Winterpaket und die unverzichtbare Einparkhilfe ans Herz legt?
Fragt man mich beim Kauf einer Taschenlampe, ob es denn auch die passenden Batterien dazu sein dürfen, ist das genauso ok, wie die Frage nach Kleister, wenn ich Tapeten ausgesucht habe. Aber wenn ich einen Stuhl kaufe, heißt das doch noch lange nicht, dass ich auch einen Tisch brauche!
Auf den Gipfel treibt es in dieser Hinsicht ja der Online-Handel, etwa Amazon nach dem Bestellen einer CD, DVD oder Büchern. Wer sich Rühmanns Heinz Feuerzangenbowle als DVD bestellt, bekommt fortan ständig unter dem Hinweis „… das könnte Sie auch interessieren …“, ein Überangebot von Schwarz-Weiß- und Stumm lmen und alles Verfügbare von Luis Trenker bis Marlene Dietrich.
Wer sich selbst oder seinen eigenen Geschmack kennenlernen möchte, muss sich nur im Netz einen Titel runterladen und schon ist der Geschmack definiert. Schublade auf – Schublade zu. Man stelle sich vor, man würde im Internet Viagra oder Haarfärbemittel bestellen …
Wer sich eine Motoryacht kauft, ordert gewiss auch Schwimmwesten und eine Kapitänsmütze. Aber ich wollte neulich in der Drogerie nur flott eine Dose Nivea Creme kaufen, ohne dass man mir diverse Hautp egeprodukte für den Herrn ab 45 vorstellt und mich mit einer Vielzahl von Düften ansprüht, als sei ich das neue Gesicht bei Calvin Klein.
Was wären Tankstellen ohne den Verkauf von Getränken, Lebensmitteln und Schnickschnack fürs Armaturenbrett? „… Ach, Benzin führen Sie auch? So was!“ Wo stünde Tchibo ohne das überreichliche Angebot an Reisen, Schmuck, Öko-Strom, Handys und jeder Menge TCM-Zeug, das nur gekauft wird, weil es eben dort angeboten wird? Unsere Schublade mit Tischdeckenklammern – verziert mit Blumen- und Tiermotiven – ist rappelvoll, das Duschradio mit Saugnapfhalterung hat von Anfang an nicht richtig funktioniert und mehrere praktische Schraubendreher- Tools horte ich in der Garage, wie meine Frau eine Auswahl bunter Gemüsehobel in der Küche.
Vielleicht kann ich mir ja bald beim Tanken die Haare schneiden und beim (Bio-) Metzger die Hauptuntersuchung fürs Auto abnehmen lassen.
Sollten jedoch in meiner Stammkneipe in Zukunft Schönheits-Operationen angeboten werden und auf der Tageskarte Preise für kleinere chirurgische Eingriffe stehen, kette ich den Wirt hinter seinem Zapfhahn fest und tätowiere ihm die alte Weisheit auf die Stirn: Schuster – bleib bei deinen Leisten!
Ihr
Gregor Kelzenberg