Kürzlich – es war an einem dieser verregneten Ferientage – schlug ich meinem Sohn vor, wieder einmal ins Kino zu gehen. Fairerweise sollte ich erwähnen, dass ich Kinobesuche liebe. Wir sahen einen Film in 3D und spannen diesen auf unserem Weg durch die Stadt in unseren Köpfen noch ein bisschen weiter. Mein Sohn meinte, dass es cool wäre, den Streifen in 5D zu sehen. „Da wird man dann voll nass gemacht, der Wind bläst voll ins Gesicht und du kannst voll das Öl von den Transformers riechen!“- „Ahja.“
Voll im Bilde schlenderte ich später an einer Wiese mit Wildblumen vorbei und roch den verführerischen Duft. Aber halt, nur sehen und riechen? Ich wollte mehr! 5D sozusagen und strich mit den Händen darüber, fühlte Weiches, Kitzeliges, Feuchtes. Kaute mutig ein Blatt Löwenzahn. Was für ein Erlebnis! Ich stand seitlich der Eickener Straße am Margarethengarten und war beeindruckt. Auf diesem gerade noch brachen Gelände entsteht derzeit ein offener Garten, der später in die Nutzung und Betreuung der Anwohner übergehen wird. Mitten in der Stadt ein Garten! Immer mehr Kommunen geben brachliegendes Gelände zur individuellen Nutzung frei. Es werden Blumen, Obst und Gemüse auf Grünstreifen, Mauern, Wiesen und mitten im Park, selbst in alten Badewannen angepflanzt. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. In Andernach können die Bewohner Bohnen an der Stadtmauer ernten und in einem Gemeinschaftsgarten mitten in Berlin treffen sich Deutsche und Vietnamesen, um nebeneinander Petersilie und Koriander zu pflanzen. Da wird sich ausgetauscht, gefachsimpelt, experimentiert – und Sonntagsspaziergänger freut es. Dieses neue ‚Stadtgärtnern‘ kann das urbane Bild erheblich verschönern, kann Beton- und Asphaltwüsten zur grünen Bereicherung machen, führt wieder zu einem innigeren Kontakt mit der Natur und nicht zuletzt zu einer neuen, interkulturellen Gemeinschaft.
Auch für diejenigen unter uns, die keinen Garten haben, gibt es vielfältige Möglichkeiten, den grünen Daumen zu beweisen. Der kleinste Balkon, ein Fenstersims oder vielleicht das Garagendach bieten Fläche zum Anbau von Kräutern & Co. Im Handel findet man mittlerweile genügend Pflanzen, die sich in Töpfen hervorragend kultivieren lassen. So kann man in Ampeln wunderbar Erdbeeren ziehen (gemeint sind Hängeampeln, keine Verkehrsampeln). Aufgehängt benötigen sie nicht viel Platz und der Ertrag belohnt reichlich. Ganz nebenbei erfahren Kinder, wie Früchte wirklich schmecken und dass Himbeeren nicht im Joghurt wachsen. Kirschen, Pflaumen und Äpfel sind als schlanke Säulenbäumchen im Topf erhältlich und passen in jede Ecke. Statt sperriger Kübel versuchen Sie einmal den Anbau von Kartoffeln im praktischen Pflanzsack.
Letztens, als ich aus dem Haus trat, bot sich mir ein Bild, das ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte. Eine neue Nachbarin hatte vor dem Haus gegenüber einen Grünstreifen mit Blumen bepflanzt und pflegt ihn nun. Wenn immer mehr Menschen Verantwortung für ihr Umfeld übernehmen würden, gäbe es sicher auch ein schöneres Wohnen in unserer Stadt.
Als ich nun meinem Sohn erzählte, dass absehbar immer mehr Menschen vom Land in die Städte umziehen und wie schön es ist, in einer gepflegten, grünen Stadt zu leben, fuhren wir gerade über einen kreativ gestalteten Kreisverkehr. Da sagte mein Sohn: „Stell Dir vor, der Kreis ist eine grüne Wiese, darauf steht eine Kuh, dann hast Du immer Milch für Deinen Kaffee und nie mehr schlechte Laune.“ Ist das der Weg zum absoluten Selbst-versorgerglück?

 
 

 Ihre
Katrin Hoppen
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